Cölestin Baumgartner
53. Abt von Lambach 1890–1934
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† 30. April 1934 Stadl-Paura
Cölestin Baumgartner, Taufname Franz, wurde am 9. Februar 1844 als Sohn des Färbermeisters Georg Baumgartner in Waizenkirchen, Oberösterreich, geboren, wo er auch die Volksschule besuchte. Das Gymnasium absolvierte er bei den Jesuiten am Freinberg in Linz und wurde am 21. September 1861 als sechster Novize von Abt Theoderich Hagn in das Benediktinerstift Lambach aufgenommen, das damals sehr von sich reden machte. Nachdem er 1864 am Jesuitengymnasium maturiert hatte, schrieb er sich zum Theologiestudium an der Universität Innsbruck ein. Am 29. September 1865 legte er in der Stiftskirche die feierlichen Gelübde ab und wurde am 28. Juli 1867 von Missionsbischof Athanasius Zuber OFMCap in Innsbruck zum Priester geweiht.
1869 von Choralstudien in Beuron und Solesmes nach Lambach zurückgekehrt, wurde er als Katechet in Stadl-Paura eingesetzt (1869–1873) und unterrichtete die Novizen. Nach dem Tod des Reformabtes Theoderich Hagn am 21. August 1872 wurde er als dritter Stiftskapitular in die Verwaltung des Klosters gewählt und besetzte das Rentamt, das Gartenamt und das Kelleramt. Der neue Abt Johann Lasser beließ ihn in diesen Ämtern, versetzte ihn aber als Katechet von Stadl-Paura an die vierklassige Volksschule in Lambach, wo er bis 1885 blieb. So war er von 1871 bis 1874 Kooperator an der Stiftspfarre Lambach, Rentmeister, Gartenmeister und Kellermeister (Cellerar) und von 1881 bis 1884 auch noch Küchenmeister. Das Rentamt gab er 1880 ab, die übrigen Ämter behielt er auch noch als Abt. Nachdem der Stiftsprior 1889 auf Veranlassung des Linzer Diözesanbischofs das Stift verlassen hatte, wurde P. Cölestin am 23. August 1889 vom Kapitel zum Prior gewählt und von Abt Johann Lasser bestätigt. Nach dessen Tod am Weihnachtstag 1889 wurde er Administrator und bei der Neuwahl am 11. Juni 1890 zum Abt gewählt. Am folgenden Tag erteilte ihm sein Landsmann und Studienkollege Bischof Franz Maria Doppelbauer die Benediktion.
Abt Cölestin stand dem Stift Lambach fast 40 Jahre lang vor. Schon bald nach seiner Wahl trat er in eine rege äußere Tätigkeit. Noch im selben Jahr vom oberösterreichischen Großgrundbesitz als einer seiner drei Vertreter in den Reichsrat in Wien gewählt, blieb er in dieser Funktion bis 1911, nahm an den öffentlichen Sitzungen und an Ausschusssitzungen teil und machte alle Klubveränderungen mit, die schließlich im großen Klub der von dem Wiener Bürgermeister Dr. Karl Lueger gegründeten Christlichsozialen Partei (CSP) mündeten. Während dieser Zeit war er eng mit Abt Leo Maria Treuinfels von der Abtei Marienberg in Südtirol befreundet, der von der Tiroler Prälatenkurie in den Reichstag entsandt worden war.
1890 vom konservativen Großgrundbesitz in den oberösterreichischen Landtag gewählt, nahm Abt Cölestin auch dort aktiv an den Sitzungen teil und war Mitglied mehrerer Ausschüsse (bis 1915). Dem Kuratorium der oberösterreichischen Landeshypothekenanstalt stand er bis 1918 sechs Jahre als Oberkurator vor. In dieser Funktion wurden ihm mehrere Referate übertragen, von denen besonders die Eisenbahnangelegenheiten eine große Rolle spielten. Er war am Bau mehrerer Lokalbahnlinien in Oberösterreich beteiligt, was ihm die scherzhafte Bezeichnung „Landeseisenbahnminister“ einbrachte. Großen Anteil hatte er auch am Ausbau der elektrischen Kraftwerke im Salzkammergut.
Schon vor seiner Abtwahl in die Gemeindevertretung von Lambach gewählt, umfasste seine Tätigkeit auch dort mehrere Wahlperioden und dauerte bis 1929. 1883 war er in den Sparkassenausschuss und von dort in die Sparkassendirektion gewählt worden (Die von Abt Theoderich Hagn gegründete Sparkasse befand sich noch immer im Kloster). Auch hier war er wesentlich am infrastrukturellen Ausbau der Gemeinde Lambach beteiligt. Zur Errichtung des Sauerstoff- und Wasserstoffwerkes 1913 zeichnete das Stift ein Viertel des Stammkapitals. Als Lambach 1915 zur Garnisonierung des 3. Regiments der Tiroler Kaiserjäger verpflichtet wurde, stellte Abt Cölestin zur Entlastung der Gemeinde große Teile der Stiftsgebäude als Kaserne zur Verfügung. 1920 wurde der Gästetrakt mit den ehemaligen Kaiserzimmern der Gemeinde für die neugegründete Knabenhauptschule überlassen, zwei Volksschulklassen wurden im Nordtrakt untergebracht.
Auch im Kloster selbst setzte Abt Cölestin fort, was er als Keller- und Gartenmeister begonnen hatte. Im Erdgeschoss wurde ein neues Pflaster gelegt, die Sakristei und der Betchor wurden restauriert und der Kapitelsaal während des Krieges neu ausgemalt. Im Kreuzgang und der Sakramentskapelle wurden neue Glasfenster eingesetzt und der Hochaltar gemäß den Plänen des Erbauers Fischer von Erlach restauriert. Neu gebaut wurden der Pfarrhof von Aichkirchen und zwei Försterwohnhäuser. Die anderen Pfarrhöfe wurden gründlich erneuert. Als 1918 die Gemeinde Stadl-Paura ein neues Schulhaus baute und damit die ehemaligen Schulräume im Benefiziatenhaus frei wurden, stellte sie Abt Cölestin dem seraphischen Liebeswerk zur Verfügung, das dort eine Anstalt für körperbehinderte Kinder einrichtete. Hier verbrachte er auch seine letzten Lebensjahre.
Die monastische Disziplin wurde gemäß den Statuten der Josephskongregation nach den Vorgaben des Abtes Theoderich Hagn befolgt, der sie 1859 von Metten übernommen hatte. Die wissenschaftlichen Bestrebungen seiner Kapitularen wie Spezialausbildungen und Studienreisen förderte der Abt nach Kräften, war selbst aber bescheiden und anspruchlos (z.B. reiste er stets dritter Klasse). Das religiöse Leben der Stiftspfarre und der inkorporierten Pfarren wurde durch Gründung von christlichen Vereinen, Intensivierung von Bruderschaften, durch Abhaltung von Missionen, Veranstaltung von Wallfahrten, Prozessionen und Festen ausgestaltet. Besondere Bekanntheit erreichte das Stift Lambach für seine Musikpflege, wozu auch das bis 1926 bestehende Sängerknabeninstitut beitrug. An den musikalischen Aufführungen im Kloster wirkte Abt Cölestin bis ins hohe Alter aktiv mit. In den 1890er Jahren war er bischöflicher Kommissär der Ursulinen in Linz, 40 Jahre auch der Redemptoristinnen in Ried, wo er über 60 Professablegungen und Einkleidungen vornahm. Den Professen fügte er die feierliche Jungfrauenweihe hinzu und führte nach den Vorgaben des neuen Codex juris canonici von 1917 die päpstliche Klausur ein.
Weiteren Plänen machten der Krieg und die nachfolgende Wirtschaftskrise ein Ende. Kriegsanleihen, Hyperinflation und wirtschaftliche Fehlentscheidungen brachten das Stift an den Rand des Ruins. Um es wirtschaftlich wieder zu beleben und auf die Höhe der Zeit zu bringen, beteiligte sich der Abt an der Gründung einer Holzwirtschaftsgesellschaft, die aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich war. Zur Tilgung der Schulden verkaufte er mit Zustimmung des Kapitels – wie viele andere Klöster damals auch – Immobilien und einen Großteil der wertvollen Lambacher Handschriften und Inkunabeln. Außerdem nahm er eigenmächtig risikoreiche (und zum Teil wohl auch zwielichtige) Anleihen bei amerikanischen Instituten und einer holländischen Bank auf (die sog. Hollandschuld), die das Stift noch viele Jahre schwer belasteten.
Die apostolische Visitation 1928 machte seinem Wirken ein Ende. 1929 wurde „mit seiner Zustimmung“ Jakob Reimer vom Stift Seitenstetten zum Koadjutor bestellt, dem 1934 Lambert Zauner von Kremsmünster folgte. Abt Cölestin zog sich zunächst zu den Borromäerinnen in Stadl-Paura und die Erzabtei St. Peter, später in das Benefiziatenhaus in Stadl-Paura zurück, wo er am 30. April 1934 – dem Vortag der Ausrufung des Ständestaats durch Kanzler Engelbert Dollfuß – als dienstältester Benediktinerabt und Senior aller Benediktineräbte starb. Er wurde im Kapitelsaal aufgebahrt und am 3. Mai 1934 auf dem Stiftsfriedhof beerdigt.
1890–1895, 1897–1902, 1902–1908, 1909–1915 Landtagsabgeordneter für den Großgrundbesitz.
gge, März 2010, rev. Mai 2017
D:
Vest.: 21. Sep. 1861; Prof.: 22. Sep. 1862, 29. Sep. 1865; Sac.: 28. Juli 1867; Abbas: el. 11. Juni 1890, ben. 12. Juni 1890.
A:
Komtur des Franz-Joseph-Ordens (1902), Konsistorialrat.
L:
Grossruck, Johann: Benediktinerstift Lambach im Dritten Reich 1938–1945. Ein Kloster im Fokus von Hitlermythos und Hakenkreuzlegende. Linz: Wagner, 2011, S. 30ff. · Eilenstein, Arno: Abt Cölestin Baumgartner von Lambach. Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 52 (1934) S. 13–18 · Eilenstein, Arno: Jubelabt Cölestin Baumgartner O.S.B. Zu seinem 90. Geburtstag. Linzer Volksblatt 1933 Nr 33.
Vorlage:Page.name: BAUMGARTNER, Cölestin OSB (1844–1934) – Biographia Benedictina