Blaschkewitz, Chrysostomus: Unterschied zwischen den Versionen

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Johannes Chrysostomus Blaschkewitz (v. Pljaškevič), Taufname Basilius (Wassilij), Sohn einer adeligen orthodoxen Familie aus Bely bei Smolensk, beendete schon mit 15 Jahren das Gymnasium und wurde, nach Ablegung einer Sonderprüfung, sofort als Lehrer an Volksschulen eingesetzt. Von 1937 an studierte an der Universität Moskau Germanistik.  
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Johannes Chrysostomus Blaschkewitz (v. Pljaškevič), Taufname Basilius (Wassilij) war der Sohn einer adeligen und vor der Oktoberevolution reich begüterten orthodoxen Familie aus Bely bei Smolensk. Ein Großvater war orthodoxer Geistlicher, der Vater Gymnasiallehrer in Bely. Schon mit 15 Jahren beendete er das Gymnasium und wurde, nach Ablegung einer Sonderprüfung, sofort als Lehrer an Volksschulen eingesetzt. Von 1937 an studierte an der Universität Moskau Germanistik.  
  
 
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zu Schanzarbeiten eingezogen, geriet er 1941 bei Wjasma in deutsche Gefangenschaft. Den Krieg verbrachte er als Dolmetscher bei deutschen Einheiten. Nach Kriegsende konnte er sich der drohenden Repatriierung durch die Flucht aus dem englischen Gefangenenlager entziehen. Nach der Loyalitätserklarung des russischen Patriarchen Sergeij Stragorodski an Stalin distanzierte er sich zunächst von der russisch-orthodoxen Patraiarchatskirche und trat in Polen zur römisch-katholischen Kirche über. Nach Kriegsende, am 14. Januar 1946, kam er in die Benediktinerabtei Niederaltaich, wo Prior (1949 Abt) [[Heufelder, Emmanuel|Emmanuel Heufelder]] Mitte der 30er-Jahre die ökumenischen Ostkirchenstudien eingeführt hatte. Am 27. Oktober 1947 legte er die Profess ab. Seine philosophischen und theologischen Studien absolvierte er in Passau und Rom, wo er am 1. Juni 1952 zum Priester geweiht wurde.
 
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zu Schanzarbeiten eingezogen, geriet er 1941 bei Wjasma in deutsche Gefangenschaft. Den Krieg verbrachte er als Dolmetscher bei deutschen Einheiten. Nach Kriegsende konnte er sich der drohenden Repatriierung durch die Flucht aus dem englischen Gefangenenlager entziehen. Nach der Loyalitätserklarung des russischen Patriarchen Sergeij Stragorodski an Stalin distanzierte er sich zunächst von der russisch-orthodoxen Patraiarchatskirche und trat in Polen zur römisch-katholischen Kirche über. Nach Kriegsende, am 14. Januar 1946, kam er in die Benediktinerabtei Niederaltaich, wo Prior (1949 Abt) [[Heufelder, Emmanuel|Emmanuel Heufelder]] Mitte der 30er-Jahre die ökumenischen Ostkirchenstudien eingeführt hatte. Am 27. Oktober 1947 legte er die Profess ab. Seine philosophischen und theologischen Studien absolvierte er in Passau und Rom, wo er am 1. Juni 1952 zum Priester geweiht wurde.
  
Nach einem Studium am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom wurde er 1955 mit einer Arbeit über die russischen Altgläubigen zum Doktor der Theologie promoviert. Durch die Einrichtung einer byzantinischen Kapelle in Niederaltaich war es von da an möglich, Liturgie und Stundengebet im byzantinischen Ritus zu feiern, zunächst altslavisch, dann deutsch. 1958 konnte eine eigene byzantinische Dekanie unter’ gegründet werden, deren Leitung der Anfang 1967 auch zum Subprior bestellte P. Chrysostomus bis zum seinem Tod hatte. 1964 wurde er zum Mitglied der theologischen sektion der Bayerischen Benediktinerakademie berufen und habilitierte sich 1968 an der Universität Salzburg für Russische Kirchengeschichte. In Anerkennung seiner ökumenischen Verdienste wurde er anläßlich der Jubiläumsfeierlichkeiten des ''Collegium Russicum'' am 4. Oktober 1979 in Rom zum Archimandriten ernannt und geweiht, war aber schon zu krank, um weitergehende Aufgaben in Rom zu übernehmen.
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Nach einem Studium am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom wurde er 1955 mit einer Arbeit über die russischen Altgläubigen zum Doktor der Theologie promoviert. Durch die Einrichtung einer byzantinischen Kapelle in Niederaltaich war es von da an möglich, Liturgie und Stundengebet im byzantinischen Ritus zu feiern, zunächst altslavisch, dann deutsch. 1958 konnte eine eigene byzantinische Dekanie gegründet werden, deren Leitung der Anfang 1967 auch zum Subprior bestellte P. Chrysostomus bis zum seinem Tod hatte. 1964 wurde er zum Mitglied der theologischen Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie berufen und habilitierte sich 1968 an der Universität Salzburg für Russische Kirchengeschichte. In Anerkennung seiner ökumenischen Verdienste wurde er anläßlich der Jubiläumsfeierlichkeiten des ''Collegium Russicum'' am 4. Oktober 1979 in Rom zum Archimandriten ernannt und geweiht, war aber schon zu krank, um weitergehende Aufgaben in Rom zu übernehmen.
  
 
Er starb, nachdem er schon am 26. August 1981 einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, am 3. Oktober 1981 in Niederaltaich auf dem Weg zur Vesper an akutem Herzversagen und wurde am 7. Oktober 1981 ebd. beerdigt.  
 
Er starb, nachdem er schon am 26. August 1981 einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, am 3. Oktober 1981 in Niederaltaich auf dem Weg zur Vesper an akutem Herzversagen und wurde am 7. Oktober 1981 ebd. beerdigt.  
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Neue Folge, Bd. 29, H. 4 (1981), pp. 636–640 · Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880–1980. St. Ottilien : EOS, 1985–1987. 2 Bände. (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige ; 29. Ergänzungsband, I–II).}}
 
  
 
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Aktuelle Version vom 12. März 2020, 12:02 Uhr

Chrysostomus Blaschkewitz OSB

Johannes Chrysostomus Blaschkewitz

Benediktiner der Abtei Niederaltaich; Archimandrit; Universitätsdozent

* 27. Jan. 1915 Bely, Russland
03. Okt. 1981 Niederalteich

Johannes Chrysostomus Blaschkewitz (v. Pljaškevič), Taufname Basilius (Wassilij) war der Sohn einer adeligen und vor der Oktoberevolution reich begüterten orthodoxen Familie aus Bely bei Smolensk. Ein Großvater war orthodoxer Geistlicher, der Vater Gymnasiallehrer in Bely. Schon mit 15 Jahren beendete er das Gymnasium und wurde, nach Ablegung einer Sonderprüfung, sofort als Lehrer an Volksschulen eingesetzt. Von 1937 an studierte an der Universität Moskau Germanistik.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zu Schanzarbeiten eingezogen, geriet er 1941 bei Wjasma in deutsche Gefangenschaft. Den Krieg verbrachte er als Dolmetscher bei deutschen Einheiten. Nach Kriegsende konnte er sich der drohenden Repatriierung durch die Flucht aus dem englischen Gefangenenlager entziehen. Nach der Loyalitätserklarung des russischen Patriarchen Sergeij Stragorodski an Stalin distanzierte er sich zunächst von der russisch-orthodoxen Patraiarchatskirche und trat in Polen zur römisch-katholischen Kirche über. Nach Kriegsende, am 14. Januar 1946, kam er in die Benediktinerabtei Niederaltaich, wo Prior (1949 Abt) Emmanuel Heufelder Mitte der 30er-Jahre die ökumenischen Ostkirchenstudien eingeführt hatte. Am 27. Oktober 1947 legte er die Profess ab. Seine philosophischen und theologischen Studien absolvierte er in Passau und Rom, wo er am 1. Juni 1952 zum Priester geweiht wurde.

Nach einem Studium am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom wurde er 1955 mit einer Arbeit über die russischen Altgläubigen zum Doktor der Theologie promoviert. Durch die Einrichtung einer byzantinischen Kapelle in Niederaltaich war es von da an möglich, Liturgie und Stundengebet im byzantinischen Ritus zu feiern, zunächst altslavisch, dann deutsch. 1958 konnte eine eigene byzantinische Dekanie gegründet werden, deren Leitung der Anfang 1967 auch zum Subprior bestellte P. Chrysostomus bis zum seinem Tod hatte. 1964 wurde er zum Mitglied der theologischen Sektion der Bayerischen Benediktinerakademie berufen und habilitierte sich 1968 an der Universität Salzburg für Russische Kirchengeschichte. In Anerkennung seiner ökumenischen Verdienste wurde er anläßlich der Jubiläumsfeierlichkeiten des Collegium Russicum am 4. Oktober 1979 in Rom zum Archimandriten ernannt und geweiht, war aber schon zu krank, um weitergehende Aufgaben in Rom zu übernehmen.

Er starb, nachdem er schon am 26. August 1981 einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, am 3. Oktober 1981 in Niederaltaich auf dem Weg zur Vesper an akutem Herzversagen und wurde am 7. Oktober 1981 ebd. beerdigt.

Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit zur russischen Kirchengeschichte waren die Zeit nach der Oktoberrevolution 1917 und die aus der umstrittenen Liturgiereform des Patriarchen Nikon (1652–1658/1666) hervorgegangenen Denominationen der russischen Altgläubigen. Mit seiner Dissertation Die „Pomorskie Otvety“ als Denkmal der Anschauungen der russischen Altgläubigen gegen Ende des 1. Viertels des XVIII. Jahrhunderts eröffnete er die Reiche seiner Veröffentlichungen über die Geschichte des sog. russischen Raskol. Weitere Arbeiten über spezielle Fragen der Geschichte der Altgläubigen im 18., 19. und 20. Jahrhundert folgten (fast ausnahmslos) in den Jahrgängen 18–21 (1969–1972) der Zeitschrift Ostkirchliche Studien (Würzburg).

gge, Feb. 2020


D:

Prof.: 27. Okt. 1947; Sac.: 1. Juni 1952.

W:

Die „Pomorskie Otvety“ als Denkmal der Anschauungen der russischen Altgläubigen gegen Ende des 1. Viertels des XVIII. Jahrhunderts. Rom 1957 (Nachdruck 1973) · Die religiösen Kräfte in der russischen Geschichte. München 1961 · Patriarch Tichon 1917–1925. München 1965 · Das Moskauer Patriarchat ohne Patriarchen 1925–1943. München 1966 · Die russische Kirche in und nach dem Zweiten Weltkrieg. München 1968 · Kleine Kirchengeschichte Rußlands nach 1917. Freiburg im Breisgau 1968.

L:

Stieß, Placidus: Zum Gedenken an Archimandrit Johannes Chrysostomus Basilius Blaschkewitz, in: Die beiden Türme. Nr. 40, Jg. 17 · Johannes Chrysostomus (Blaschkewitz) zum Gedenken (1915–1981), in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas Neue Folge, Bd. 29, H. 4 (1981), pp. 636–640 · Pfister, Bonifaz: Archimandrit Johannes Chysostomus OSB – Niederaltaich, in Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 92 (1981), 361–363 · Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880–1980. St. Ottilien : EOS, 1985–1987. 2 Bände. (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige ; 29. Ergänzungsband, I–II).

Normdaten:

GND: 118821563

Zitierempfehlung: Blaschkewitz, Chrysostomus, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 12.03.2020, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Blaschkewitz,_Chrysostomus

Vorlage:Page.name: BLASCHKEWITZ, Johannes OSB (1915–1981) – Biographia Benedictina