Leonhard Colchon
Abt des Klosters Seligenstadt 1625–1653; Präsident der Bursfelder Kongregation 1642–1653
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† 29. Nov. 1653 Aschaffenburg
Leonhard Colchon stammte aus einer Lütticher Juristenfamilie. Sein Vater Johannes war Notar des Bischofs von Lüttich, seine Mutter war Margarete de Saive.
1610 in die Benediktinerabtei S. Trond (Sint-Truiden in der heutigen belgischen Provinz Limburg) eingetreten, studierte er dort Philosophie und Theologie, wurde 1616 zum Priester geweiht und am 5. Mai 1617 an der Kölner Universität immatrikuliert. Dort wohnte er im Seminar (Studienhaus) der Bursfelder Benediktiner-Kongregation, dessen Subregens er bald darauf wurde, und erwarb ein Lizentiat der Theologie.
Sein Ruf war auch nach Seligenstadt gedrungen, wohin er 1622 von Abt Martin Krays als Lektor der Philosophie und Theologie an die Hauslehranstalt berufen wurde. Bald wurde er Prior und, nachdem Abt Martin und dessen Koadjutor Jakob Walz 1625 gestorben waren, am 21. November 1625 zum Abt gewählt. Nur einige wenige Konventualen stimmten gegen ihn, weil er „nit nationalis“, also ein Auswärtiger war.
Colchon übernahm sein Amt in einer schweren Zeit. Im Jahr seiner Wahl wütete in Seligenstadt die Pest. Der Dreißigjährige Krieg vertrieb ihn einige Male aus seiner Abtei, er suchte Zuflucht in seiner Heimat Lüttich und in seinem Professkloster S. Trond.
Rastlos war er in seiner Eigenschaft als Restitutionskommissar für die Rückgewinnung der protestantisch gewordenen Klöster infolge des kaiserlichen Restitutionsedikts vom 6. März 1629 tätig. Seinen Bemühungen verdankte die Abtei Fulda den Anschluss an die Bursfelder Kongregation, auf deren Generalkapitel im Laacher Hof zu Koblenz Colchon am 11. Mai 1642 zum Präsidenten der Union gewählt wurde. Aus dieser Zeit ist seine über 4200 Briefe umfassende Korrespondenz erhalten, „die einen selten klaren Einblick in die Nöte, Aufgaben, Pläne, Enttäuschungen und Hoffnungen jener sturmbewegten Zeit gewährt“ (Volk). Erhalten sind auch einige Ansprachen und Abschiedsworte an die Generalkapitel, seine Tagebücher sind verloren.
Colchon holte vermutlich auch Siedler aus seiner wallonischen Heimat nach Seligenstadt, um die während des Dreißigjährigen Krieges stark dezimierte Bevölkerung wieder zu vermehren.
Er starb am 29. November 1653 nach einem Schlaganfall und wurde unter der Vierung der Einhardbasilika beigesetzt.
gge, April 2020
D:
Sac.: 1616; Abbas: el. 21. Nov. 1625.
W:
Memoriale eorum, quae in renovatione SS. Reliquiarum contigerunt in monasterio Seligenstadiano, 1625, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 57 (1939), S. 44–49 · Praefatio apologetica pro Eginhardo sive Eynhardo Caroli Magni quondam Secretario …, 1633 · Catalogus sive Series Abbatum Monasterii SS. Marcellini et Petri in Seligenstadt …, 1633 (Gießen, Universitätsbibliothek, Hs. 696 a, u. Maria Laach, Abteibibliothek) · Directorium rerum agendarum monasterii Seligenstadiani per anni circulum, 1633 (Darmstadt, Staatsarchiv, Hs. 258) · Ein Auszug aus der Mainzer Geschichte bis zum 30jährigen Krieg (verloren) · Abriß der Bursfelder Kongregationsgeschichte, 1643 an den Kölner Nuntius Chigi gesandt (verloren).
L:
Volk, Paulus: „Colchon, Leonhard“ in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 318 · Ders.: Abt Leonhard Colchon und sein Briefwechsel, in: Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 57 (1937), S. 366–384 · Ders.: Leonhard Colchon, seine Wahl zum Abt von Seligenstadt (1625) und Präsidenten der Bursfelder Kongregation (1642), in: 500 Jahre Bursfelder Kongregation, hrsg. v. P. Volk, 1950, S. 23–66.
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