Guéranger, Prosper: Unterschied zwischen den Versionen

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Prosper-Louis-Pascal Guéranger wurde am 4. April 1805 als Sohn des Lehrers Pierre Guéranger (1773–1849) und seiner Frau Françoise Jarry (1773–1829) im ehemaligen Kloster der Elisabethinerinnen in Sablé bei Solesmes geboren und wuchs im ehemaligen Stadthaus des in der Französischen Revolution aufgegebenen Maurinerpriorats Solesmes auf. Darin war die Schule, das Collège de Sablé, untergebracht, dessen Leitung sein Vater zwei Jahre nach Prospers Geburt übernommen hatte. 1818 kam Prosper an das königliche Kolleg in Angers und wurde nach dem Studium der Theologie am Priesterseminar in Le Mans am 7. Oktober 1827 in der erzbischöflichen Privatkapelle in Tours von Erzbischof Montblanc zum Priester der Diözese Le Mans geweiht.
 
Prosper-Louis-Pascal Guéranger wurde am 4. April 1805 als Sohn des Lehrers Pierre Guéranger (1773–1849) und seiner Frau Françoise Jarry (1773–1829) im ehemaligen Kloster der Elisabethinerinnen in Sablé bei Solesmes geboren und wuchs im ehemaligen Stadthaus des in der Französischen Revolution aufgegebenen Maurinerpriorats Solesmes auf. Darin war die Schule, das Collège de Sablé, untergebracht, dessen Leitung sein Vater zwei Jahre nach Prospers Geburt übernommen hatte. 1818 kam Prosper an das königliche Kolleg in Angers und wurde nach dem Studium der Theologie am Priesterseminar in Le Mans am 7. Oktober 1827 in der erzbischöflichen Privatkapelle in Tours von Erzbischof Montblanc zum Priester der Diözese Le Mans geweiht.
  
Von 1826 bis 1829 war Guéranger Sekretär des Bischofs De La Myre-Mory (1826–1829) in Le Mans und wurde nach dessen Tod im Herbst 1829 Administrator in der Gemeinde der Missions Étrangères in Paris, bis er 1830 wieder nach Le Mans zurückkehrte. In den Jahren von 1829 bis 1832 pflegte er enge Kontakte mit dem ultramontanen Theologen Hugue de Lamennais. 1832 erwarb er das verlassene Priorat Solesmes, wo er sich ein Jahr später mit fünf Gefährten niederließ und, obwohl ohne eigene monastische Erfahrung, das klösterliche Leben wieder aufnahm (11. Juli 1833). Sechs Jahre später, am 26. Juli 1837, legte er in St. Paul vor den Mauern in Rom die Profess ab und wurde von Papst Gregor XVI. zum 1. September d. J. zum ersten Abt von Solesmes und gleichzeitig zum Generaloberen der noch zu reformierenden französischen Benediktinerkongregation (heute Kongregation von Solesmes) ernannt.
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Von 1826 bis 1829 war Guéranger Sekretär des Bischofs De La Myre-Mory (1826–1829) in Le Mans und wurde nach dessen Tod im Herbst 1829 Administrator in der Gemeinde der Missions Étrangères in Paris, bis er 1830 wieder nach Le Mans zurückkehrte. In den Jahren von 1829 bis 1832 pflegte er enge Kontakte mit dem ultramontanen Theologen Hugue de Lamennais. Die Entdeckung einer vom aufblühenden Mönchtum geprägten Vergangenheit, sowie die Auseinandersetzung mit den Werken der Mauriner, weckten in ihm die Sehnsucht nach einem klösterlichen Leben. Als er 1831 vom drohenden Abriss des verlassenen Priorats Solesmes erfuhr, kaufte er 1832, unterstützt durch seinen Bischof und Freunde, das Anwesen, wo er sich ein Jahr später mit fünf Gefährten niederließ und obwohl ohne eigene monastische Erfahrung das klösterliche Leben wieder aufnahm (11. Juli 1833). Sechs Jahre später, am 26. Juli 1837, legte er in St. Paul vor den Mauern in Rom die Profess ab und wurde von Papst Gregor XVI. zum 1. September d. J. zum ersten Abt von Solesmes und gleichzeitig zum Generaloberen der noch zu reformierenden französischen Benediktinerkongregation (heute Kongregation von Solesmes) ernannt. Vom Mutterkloster Solesmes aus erfolgten bald weitere Gründungen: das Heiligtum des Martin von Tours bei Ligugé (1853), St. Marie-Madeleine in Marseille (1865) und die Nonnenabtei St. Cécile bei Solesmes (1866).
 
 
Vom Mutterkloster Solesmes aus erfolgten bald weitere Gründungen: das Heiligtum des Martin von Tours bei Ligugé (1853), St. Marie-Madeleine in Marseille (1865) und die Nonnenabtei St. Cécile bei Solesmes (1866).
 
  
 
Der reformeifrige Guéranger bemühte sich erfolgreich, die liturgischen Sonderformen und Einzelriten der französischen Bistümer durch die verbindliche Einführung des bereits mit dem Apostolischen Siegelschreiben Papst Pius‘ V. am 14. Juli 1570 in Kraft getretenen römischen Ritus zu ersetzen. In den Beratungsprozess des französischen Episkopats zur Frage der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis Mariens (die 1854 durch Pius IX. erfolgte) einbezogen, förderte er die Dogmatisierung in Frankreich und verteidigte sie in zahlreichen Kleinschriften. Sein Ultramontanismus kam auch in seiner vehementen Verteidigung der 1870 auf dem 1. Vatikanischen Konzil dogmatisierten Unfehlbarkeit des Papstes zum Ausdruck.
 
Der reformeifrige Guéranger bemühte sich erfolgreich, die liturgischen Sonderformen und Einzelriten der französischen Bistümer durch die verbindliche Einführung des bereits mit dem Apostolischen Siegelschreiben Papst Pius‘ V. am 14. Juli 1570 in Kraft getretenen römischen Ritus zu ersetzen. In den Beratungsprozess des französischen Episkopats zur Frage der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis Mariens (die 1854 durch Pius IX. erfolgte) einbezogen, förderte er die Dogmatisierung in Frankreich und verteidigte sie in zahlreichen Kleinschriften. Sein Ultramontanismus kam auch in seiner vehementen Verteidigung der 1870 auf dem 1. Vatikanischen Konzil dogmatisierten Unfehlbarkeit des Papstes zum Ausdruck.

Version vom 6. Oktober 2019, 14:01 Uhr

Prosper Guéranger OSB

Prosper Guéranger

Gründerabt von Solesmes; Erneuerer der französischen Benediktinerkongregation und Begründer der liturgischen Bewegung

* 04. April 1805 Sablé-sur-Sarthe
† 30. Jan. 1875 Solesmes

Prosper-Louis-Pascal Guéranger wurde am 4. April 1805 als Sohn des Lehrers Pierre Guéranger (1773–1849) und seiner Frau Françoise Jarry (1773–1829) im ehemaligen Kloster der Elisabethinerinnen in Sablé bei Solesmes geboren und wuchs im ehemaligen Stadthaus des in der Französischen Revolution aufgegebenen Maurinerpriorats Solesmes auf. Darin war die Schule, das Collège de Sablé, untergebracht, dessen Leitung sein Vater zwei Jahre nach Prospers Geburt übernommen hatte. 1818 kam Prosper an das königliche Kolleg in Angers und wurde nach dem Studium der Theologie am Priesterseminar in Le Mans am 7. Oktober 1827 in der erzbischöflichen Privatkapelle in Tours von Erzbischof Montblanc zum Priester der Diözese Le Mans geweiht.

Von 1826 bis 1829 war Guéranger Sekretär des Bischofs De La Myre-Mory (1826–1829) in Le Mans und wurde nach dessen Tod im Herbst 1829 Administrator in der Gemeinde der Missions Étrangères in Paris, bis er 1830 wieder nach Le Mans zurückkehrte. In den Jahren von 1829 bis 1832 pflegte er enge Kontakte mit dem ultramontanen Theologen Hugue de Lamennais. Die Entdeckung einer vom aufblühenden Mönchtum geprägten Vergangenheit, sowie die Auseinandersetzung mit den Werken der Mauriner, weckten in ihm die Sehnsucht nach einem klösterlichen Leben. Als er 1831 vom drohenden Abriss des verlassenen Priorats Solesmes erfuhr, kaufte er 1832, unterstützt durch seinen Bischof und Freunde, das Anwesen, wo er sich ein Jahr später mit fünf Gefährten niederließ und – obwohl ohne eigene monastische Erfahrung – das klösterliche Leben wieder aufnahm (11. Juli 1833). Sechs Jahre später, am 26. Juli 1837, legte er in St. Paul vor den Mauern in Rom die Profess ab und wurde von Papst Gregor XVI. zum 1. September d. J. zum ersten Abt von Solesmes und gleichzeitig zum Generaloberen der noch zu reformierenden französischen Benediktinerkongregation (heute Kongregation von Solesmes) ernannt. Vom Mutterkloster Solesmes aus erfolgten bald weitere Gründungen: das Heiligtum des Martin von Tours bei Ligugé (1853), St. Marie-Madeleine in Marseille (1865) und die Nonnenabtei St. Cécile bei Solesmes (1866).

Der reformeifrige Guéranger bemühte sich erfolgreich, die liturgischen Sonderformen und Einzelriten der französischen Bistümer durch die verbindliche Einführung des bereits mit dem Apostolischen Siegelschreiben Papst Pius‘ V. am 14. Juli 1570 in Kraft getretenen römischen Ritus zu ersetzen. In den Beratungsprozess des französischen Episkopats zur Frage der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis Mariens (die 1854 durch Pius IX. erfolgte) einbezogen, förderte er die Dogmatisierung in Frankreich und verteidigte sie in zahlreichen Kleinschriften. Sein Ultramontanismus kam auch in seiner vehementen Verteidigung der 1870 auf dem 1. Vatikanischen Konzil dogmatisierten Unfehlbarkeit des Papstes zum Ausdruck.

Der Forderung der Benediktsregel gemäß, dass »dem Gottesdienst nichts vorgezogen werden solle« (BR 43,3), betonte Guéranger den Vorrang der Liturgie in Gebet und Glauben. Die Mönche der Kongregation sollten auf jede Außentätigkeit verzichten und sich der Kontemplation und der Pflege der Liturgie widmen. In deren Dienst wurde auch die wissenschaftliche Tätigkeit gestellt.

Guéranger trat selbst mit liturgiegeschichtlichen und liturgiedeutenden Werken an die Öffentlichkeit. Zu seinen wichtigsten Schriften gehören: Das Leben der hl. Martyrerin Cäcilia, Das liturgische Jahr, Geschichte der Liturgie (3 Bände) und Die höchste Lehrgewalt des Papstes.

Guéranger starb 69jährig im Kloster Solesmes.

gge, Okt. 2019


D:

Sac.: 7. Okt. 1827; Vest.: 14. Aug. 1836; Prof.: 26. Juli 1837; Abbas: nom. 1. Sep. 1837.

W:

Das Leben der hl. Martyrerin Cäcilia · Das liturgische Jahr bzw. das Kirchenjahr (L’Année Liturgique) · Die höchste Lehrgewalt des Papstes, Mainz, Kirchheim 1870 · Das Kirchenjahr, komplett in 15 Bänden, Autorisierte Übersetzung, Mainz, Kirchheim 1874–1902 · Das liturgische Jahr · Geschichte der Liturgie (3 Bände).

L:

New Catholic Encyclopedia. 2nd ed. Detroit, et al : Gale, 2003 · Christophe, Paul: Grandes figures sociales du XIXe siècle. Paris : Desclée de Brouwer, 1995 · Mayeur, Jean-Marie; Hilaire, Yves-Marie: Dictionnaire du monde religieux dans la France contemporaine 9. Les Sciences religieuses. Le XIXe siècle 1800–1914. Paris : Beauschesne, 1996 · Delatte, Paul: Dom Guéranger. 2 Bände. Paris : Plon, 1908 · Soltner, Louis: Solesmes und Dom Guéranger (1805–1875). Sankt Ottilien: EOS, 2011 · Oury, Guy-Marie: Dom Guéranger : moine au coeur de l’église, 1805–1875. Solesmes: Editions de Solesmes, 2001 (deutsch: Dom Prosper Guéranger 1805–1875. Ein Mönch im Dienst für die Erneuerung der Kirche. Heiligenkreuz im Wienerwald: Be&Be-Verlag, 2013).

Normdaten:

GND: 118719203

Zitierempfehlung: Guéranger, Prosper, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 6.10.2019, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Gu%C3%A9ranger,_Prosper

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