Opasek, Anastaz: Unterschied zwischen den Versionen

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Der während der sozialistischen Ära in der Tschechoslowakei politisch verfolgte Opasek galt als moralische Institution Tschechiens. Er machte sich besonders um die Aussöhnung von Deutschen und Tschechen verdient.
 
Der während der sozialistischen Ära in der Tschechoslowakei politisch verfolgte Opasek galt als moralische Institution Tschechiens. Er machte sich besonders um die Aussöhnung von Deutschen und Tschechen verdient.
  
Anastáz Opasek, Taufname Johann Nep. Adalbert, wurde 1913 in einer Wohnung im Naturhistorischen Museum in Wien geboren, in dem sein Vater als „Hofmuseumsdiener“ arbeitete, und wuchs in Kolín auf. Gleich nach dem Abitur entschied er sich für den Priesterberuf und trat 1932 unter Abt [[Prokop, Dominik|Dominik Prokop]] in die Benediktinerabtei Břevnov in Prag ein. Nach dem Theologiestudium an der tschechischen Universität Prag und der Benediktinerhochschule Sant’Anselmo und der Urbania-Universität in Rom wurde er im Juli 1938 zum Priester geweiht und im selben Jahr an der Lateranuniversität in Rom zum Doktor der Theologie promoviert. 1939 in sein Kloster zurückgekehrt, wurde er nach der erzwungenen Spaltung der Doppelabtei Břevnov-Braunau in zwei nationalitätsverschiedene Konvente (deutsch und tschechisch) trotz seines jugendlichen Alters zum Prior ernannt. Während des Zweiten Weltkriegs half die Klostergemeinschaft vom Nazi-Regime Verfolgten und deren Familien.
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Anastáz Opasek, Taufname Johann Nep. Adalbert, wurde 1913 in einer Wohnung im Naturhistorischen Museum in Wien geboren, in dem sein Vater als „Hofmuseumsdiener“ arbeitete. Seine Eltern Jan und Marie Opasek, Cousin und Cousine, lebten bis 1919 in Wien, nach der Rückkehr in die Tschechoslowakei dann in Kolín, wo Anastáz die Volksschule und das Gymnasium besuchte.
  
1947 zum Abt gewählt, verwaltete Opasek die Abtei bis er 1949 von den Kommunisten verhaftet und im folgenden Jahr gemeinsam mit anderen führenden Vertretern der tschechischen Kirche in einem Schauprozess wegen »Hochverrats und Spionage« zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. 1960 wurde er auf Bewährung freigelassen, hatte aber Berufsverbot. Er arbeitete seitdem als Maurer und Lagerarbeiter (Magazinär) in der tschechischen Nationalbibliothek in Prag. Während des Prager Frühlings 1968 konnte er für kurze Zeit in sein Kloster zurückkehren. Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings ging Opasek 1969 ins Exil nach Deutschland und lebte seitdem in der Benediktinerabtei Rohr in Niederbayern. Dort gründete er 1972 gemeinsam mit Vladimír Neuwirth die katholisch orientierte Exilvereinigung Opus bonum, die neben ihrer Herausgebertätigkeit regelmäßig Seminare und Treffen exilierter Tschechen organisierte und sich um die tschechisch-deutsche Aussöhnung bemühte. 1977 initiierte Opasek eine Erklärung des Opus bonum, mit der er die Charta 77 unterstützte.
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Gleich nach dem Abitur 1932 entschied er sich für den Priesterberuf und trat unter Abt [[Prokop, Dominik|Dominik Prokop]] in die Benediktinerabtei Břevnov in Prag ein. Nach dem einjährigen Noviziat studierte er zwei Jahre lang klassische Philosophie und Theologie in Břevnov bei belgischen Benediktinern und an der tschechischen Universität Prag (1933–1935). 1935 schickte ihn Abt Dominikm zum Studium an der Benediktinerhochschule Sant’Anselmo und der Urbania-Universität nach Rom. Am 11. Juli 1938 wurde er in der Břevnover Abteikirche St. Margarete zum Priester geweiht und im selben Jahr an der Lateranuniversität in Rom zum Doktor der Theologie promoviert.
  
Nach der politischen Wende kehrte Opasek im Mai 1990 in seine Heimat zurück. Als Abt beteiligte er sich am Wiederaufbau des Klosters und der Wiederbelebung der Mönchskommunität in Břevnov. Mit der Unterstützung der ausländischen Benediktiner und der staatlichen Behörden wurde die Bausubstanz des Klosters saniert. Die Abtei wurde 1993 anläßlich ihres 1000-jährigen Bestehens vom Papst zur Erzabtei erhoben und Opasek damit zum Erzabt. 1995 war Opasek einer der Signatare der Petition ''Versöhnung 95''.
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Nach der erzwungenen Spaltung der Doppelabtei Břevnov-Braunau in zwei nationalitätsverschiedene Konvente (deutsch und tschechisch) wurde er trotz seines jugendlichen Alters im September 1938 zum Prior ernannt. Im Januar 1939 von Rom bestätigt, hatte er dieses Amt bis Mai 1945 inne, als ihm durch Erlass des Nationalausschusses ZNV die Verwaltung des Klosters Broumov (Braunau) anvertraut wurde und er im November 1945 vom hl. Stuhl zum Apostolischen Administrator ernannt wurde.
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Am 12. März 1947 zum Abt des Klosters Břevnov gewählt und am 13. April vom Prager Erzbischof Josef Beran benediziert, verwaltete Opasek die Abtei bis er am 19. September 1949 von den Kommunisten verhaftet und im folgenden Jahr gemeinsam mit anderen führenden Vertretern der tschechischen Kirche (u.a. der Olmützer Bischof Stanislav Zela) in einem Schauprozess wegen »Hochverrats und Spionage« zu lebenslanger Haft, einer Geldstrafe von 100.000 CZK, Beschlagnahme des gesamten Eigentums und Entzug der Bürgerrechte für zehn Jahre verurteilt, verurteilt wurde. Kontakte in den Vatikan, wohin er noch im Februar 1948 gereist war, waren einer der Hauptvorwürfe gegen ihn.
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1960 wurde er auf Bewährung freigelassen, hatte aber Berufsverbot. Er arbeitete seitdem als Maurer und seit 1966 Lagerarbeiter (Magazinär) in der tschechischen Nationalbibliothek in Prag. Während des Prager Frühlings 1968 konnte er für kurze Zeit in sein Kloster zurückkehren. Er erhielt die staatliche Zulassung zur Ausübung des Priesterberufs und war kurzzeitig Hilfspriester an der Kirche Maria vom Siege (beim Prager Jesuskind). Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 ging Opasek ins Exil nach Deutschland und lebte seitdem in der Benediktinerabtei Rohr in Niederbayern. Im Juni 1969 wurde er durch Beschluss des Stadtgerichts in Prag rehabilitiert.
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1972 gründete er in Rohr gemeinsam mit Vladimír Neuwirth die katholisch orientierte Exilvereinigung ''Opus bonum'', die neben ihrer Herausgebertätigkeit regelmäßig Seminare und Treffen exilierter Tschechen organisierte und sich um die tschechisch-deutsche Aussöhnung bemühte. 1977 initiierte Opasek eine Erklärung des ''Opus bonum'', mit der er die ''Charta 77'' unterstützte.
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Nach der politischen Wende kehrte Opasek im Mai 1990 in seine Heimat zurück. Als Abt beteiligte er sich am Wiederaufbau des Klosters und der Wiederbelebung der Mönchskommunität in Břevnov. Mit der Unterstützung der ausländischen Benediktiner und der staatlichen Behörden wurde die Bausubstanz des Klosters saniert. Die Abtei wurde 1993 anläßlich ihres 1000-jährigen Bestehens vom Papst zur Erzabtei erhoben und Opasek damit zum Erzabt. 1994, am Tag des heiligen Adalbert, wurde die Klausur (der Wohnbereich der Mönche) wieder feierlich geweiht. 1995 war Opasek einer der Signatare der Petition ''Versöhnung 95''.
  
 
Opasek starb 1999 während eines Besuchs im Kloster Rohr und wurde am 3. September im Beisein des tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel auf dem Klosterfriedhof in Břevnov beigesetzt.
 
Opasek starb 1999 während eines Besuchs im Kloster Rohr und wurde am 3. September im Beisein des tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel auf dem Klosterfriedhof in Břevnov beigesetzt.
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In den 90er Jahren erschienen in Tschechien einige Gedichtsammlungen von Anastaz Opasek, die auch ins Deutsche übersetzt wurden, sowie seine Memoiren.
 
In den 90er Jahren erschienen in Tschechien einige Gedichtsammlungen von Anastaz Opasek, die auch ins Deutsche übersetzt wurden, sowie seine Memoiren.
  
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Version vom 6. Januar 2022, 14:34 Uhr

Anastáz Opasek OSB

Anastáz Opasek

60. Abt (1. Erzabt) der Benediktinerabtei Břevnov (Breunau) in Prag

* 20. April 1913 Wien
† 24. Aug. 1999 Rohr, Niederbayern

Der während der sozialistischen Ära in der Tschechoslowakei politisch verfolgte Opasek galt als moralische Institution Tschechiens. Er machte sich besonders um die Aussöhnung von Deutschen und Tschechen verdient.

Anastáz Opasek, Taufname Johann Nep. Adalbert, wurde 1913 in einer Wohnung im Naturhistorischen Museum in Wien geboren, in dem sein Vater als „Hofmuseumsdiener“ arbeitete. Seine Eltern Jan und Marie Opasek, Cousin und Cousine, lebten bis 1919 in Wien, nach der Rückkehr in die Tschechoslowakei dann in Kolín, wo Anastáz die Volksschule und das Gymnasium besuchte.

Gleich nach dem Abitur 1932 entschied er sich für den Priesterberuf und trat unter Abt Dominik Prokop in die Benediktinerabtei Břevnov in Prag ein. Nach dem einjährigen Noviziat studierte er zwei Jahre lang klassische Philosophie und Theologie in Břevnov bei belgischen Benediktinern und an der tschechischen Universität Prag (1933–1935). 1935 schickte ihn Abt Dominikm zum Studium an der Benediktinerhochschule Sant’Anselmo und der Urbania-Universität nach Rom. Am 11. Juli 1938 wurde er in der Břevnover Abteikirche St. Margarete zum Priester geweiht und im selben Jahr an der Lateranuniversität in Rom zum Doktor der Theologie promoviert.

Nach der erzwungenen Spaltung der Doppelabtei Břevnov-Braunau in zwei nationalitätsverschiedene Konvente (deutsch und tschechisch) wurde er trotz seines jugendlichen Alters im September 1938 zum Prior ernannt. Im Januar 1939 von Rom bestätigt, hatte er dieses Amt bis Mai 1945 inne, als ihm durch Erlass des Nationalausschusses ZNV die Verwaltung des Klosters Broumov (Braunau) anvertraut wurde und er im November 1945 vom hl. Stuhl zum Apostolischen Administrator ernannt wurde.

Am 12. März 1947 zum Abt des Klosters Břevnov gewählt und am 13. April vom Prager Erzbischof Josef Beran benediziert, verwaltete Opasek die Abtei bis er am 19. September 1949 von den Kommunisten verhaftet und im folgenden Jahr gemeinsam mit anderen führenden Vertretern der tschechischen Kirche (u.a. der Olmützer Bischof Stanislav Zela) in einem Schauprozess wegen »Hochverrats und Spionage« zu lebenslanger Haft, einer Geldstrafe von 100.000 CZK, Beschlagnahme des gesamten Eigentums und Entzug der Bürgerrechte für zehn Jahre verurteilt, verurteilt wurde. Kontakte in den Vatikan, wohin er noch im Februar 1948 gereist war, waren einer der Hauptvorwürfe gegen ihn.

1960 wurde er auf Bewährung freigelassen, hatte aber Berufsverbot. Er arbeitete seitdem als Maurer und seit 1966 Lagerarbeiter (Magazinär) in der tschechischen Nationalbibliothek in Prag. Während des Prager Frühlings 1968 konnte er für kurze Zeit in sein Kloster zurückkehren. Er erhielt die staatliche Zulassung zur Ausübung des Priesterberufs und war kurzzeitig Hilfspriester an der Kirche Maria vom Siege (beim Prager Jesuskind). Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 ging Opasek ins Exil nach Deutschland und lebte seitdem in der Benediktinerabtei Rohr in Niederbayern. Im Juni 1969 wurde er durch Beschluss des Stadtgerichts in Prag rehabilitiert.

1972 gründete er in Rohr gemeinsam mit Vladimír Neuwirth die katholisch orientierte Exilvereinigung Opus bonum, die neben ihrer Herausgebertätigkeit regelmäßig Seminare und Treffen exilierter Tschechen organisierte und sich um die tschechisch-deutsche Aussöhnung bemühte. 1977 initiierte Opasek eine Erklärung des Opus bonum, mit der er die Charta 77 unterstützte.

Nach der politischen Wende kehrte Opasek im Mai 1990 in seine Heimat zurück. Als Abt beteiligte er sich am Wiederaufbau des Klosters und der Wiederbelebung der Mönchskommunität in Břevnov. Mit der Unterstützung der ausländischen Benediktiner und der staatlichen Behörden wurde die Bausubstanz des Klosters saniert. Die Abtei wurde 1993 anläßlich ihres 1000-jährigen Bestehens vom Papst zur Erzabtei erhoben und Opasek damit zum Erzabt. 1994, am Tag des heiligen Adalbert, wurde die Klausur (der Wohnbereich der Mönche) wieder feierlich geweiht. 1995 war Opasek einer der Signatare der Petition Versöhnung 95.

Opasek starb 1999 während eines Besuchs im Kloster Rohr und wurde am 3. September im Beisein des tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel auf dem Klosterfriedhof in Břevnov beigesetzt.

In den 90er Jahren erschienen in Tschechien einige Gedichtsammlungen von Anastaz Opasek, die auch ins Deutsche übersetzt wurden, sowie seine Memoiren.

gge, Sep. 2011‎, rev. Jan 2022


D:

23. Okt. 1933; Sac: 11. Juli 1938; Abbas: el. 12. März 1947, ben. 13. April 1947.

A:

Tomas-Garrigue-Masaryk-Orden 2. Klasse (1991).

W:

Katakomben des Heute. Gedichte. Landshut 1973 · Zweimal zwölf Gedichte. München 1983 · Zwölf Haltestellen. Erinnerungen des Abtes des Klosters Břevnov. Prag: Torst, 1997.

L:

Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880–1980. St. Ottilien : EOS, 1985–1987. 2 Bände (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige ; 29. Ergänzungsband, I–II) · Art. Opasek, Anastáz, in: Ústav pro studium totalitních režimů: Encyklopedie třetího odboje [1].

Normdaten:

GND: 122162978

Zitierempfehlung: Opasek, Anastaz, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 6.01.2022, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Opasek,_Anastaz

Vorlage:Page.name: OPASEK, Anastáz (Jan) OSB (1913–1999) – Biographia Benedictina