Quandel, Giuseppe

Giuseppe Quandel

Giuseppe Quandel

Abtordinarius von Montecassino 1896–1897

* 21. Aug. 1833 Neapel
† 27. Feb. 1897 Montecassino

Der 1833 im bourbonischen Königreich Neapel geborene Giuseppe Gaetano Felice Quandel stammte aus einer deutschstämmigen militärischen Familie. Der Großvater Johann Peter Quandel (c.1750–1810), geboren in Struthütten bei Siegen, Herzogtum Nassau, war als Offizier eines Schweizer Regiments in Diensten des Königs Vittorio Emanuele I. nach Piemont gekommen und hatte dort in Turin die Schweizerin Anna Cleofea Etter († 1800) geheiratet. Der Vater, Giovan Battista Quandel (1789–1859), war Offizier in napoleonischen Diensten, dann im Heer Murats und seit 1815 im Heer König Ferdinands IV. beider Sizilien (zuletzt Brigadegeneral). Aus der 1829 geschlossenen Ehe mit Geltrude Vial (1806–1847), einer Tochter des Generals Pietro Vial de Maton (1777–1863), gingen acht Kinder hervor. Giuseppe war der zweitälteste Sohn.

Er schlug, wie auch seine Brüder Pietro (1830–1901) und Ludovico (1839–1929), die militärische Laufbahn ein und wurde 1844 Schüler der Kadettenanstalt Nunziatella. 1851 wurde er Leutnant (Alfiere) im Geniekorps, 1857 Oberleutnant (Tenente) und im August 1860 Kapitän II. Klasse. Einge Zeit war er auch Lehrer für Artillerie und Fortifikationen an der Militärschule des Königreichs. Bei der Verteidigung der Festung Gaeta gegen die Truppen Garibaldis (November 1860 bis Februar 1861) zeichnete er sich so sehr aus, dass er von König Franz II. persönlich wegen Tapferkeit vor dem Feind zum Major befördert (30. Januar 1861) und zum Rechtsritter des Gregoriusordens[1] ernannt wurde. Mit dem Fall der Festung am 13. Februar 1861 endete das Königreich beider Sizilien; die königliche Familie ging ins Exil nach Rom, Giuseppe Quandel – wie viele andere Offiziere – in die Kriegsgefangenschaft (auf der Insel Ischia).

Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft kehrte Quandel zunächst zu seiner Familie zurück und verfasste ein umfangreiches Buch über den Kriegseinsatz des neapolitanichen Geniekorps (Lavori del Genio Napoletano, Neapel 1862)[2]. Das Angebot zum Übertritt in die Armee des neuen Königreichs Italien lehnte er, wie auch seine beiden Brüder, ab und trat stattdessen, dem Beispiel seines jüngeren Bruders Cesare (Fr. Mauro, 1837–1880) folgend, in die Benediktinerabtei Montecassino ein (3. Mai 1865). Klaustralprior, 1871 bis 1896 Abt, war dort Nicola d'Orgemont, ebenfalls Neapolitaner und ein Bruder des bourbonischen Generals Giovanni d’Orgemont, der bei der Belagerung Gaetas die Aufsicht über die Militärlazarette gehabt hatte. Schon als Novize war er mit dem Mathematikunterricht an den Konventschulen betraut.

1870 zum Priester geweiht, hatte Giuseppe Quandel als Cellerar die Wirtschaftsverwaltung und Administration unter sich. Wie auch sein Bruder Cesare, war er in den Jahren 1877 bis 1880 mit zahlreichen Ausgrabungs- und Wiederherstellungsarbeiten im Kloster Montecassino und den dazugehörigen Forschungsarbeiten beschäftigt, worüber seine im Manuskript erhaltenen dreibändigen Memoiren (Ricerche sulle fabbriche del Monastero di Montecassino) Auskunft geben. Er hatte außerdem Anteil an der von Abt Nicola d'Orgemont vorgenommenen Gründung des Diözesanseminars und an der Wiederherstellung der Zelle des hl. Benedikt von Nursia, deren Rekonstruktion nach dem ursprünglichen Plan durch seine geschichtlichen und architektonischen Studien erst möglich wurde. Auch an der Delegation, die die Reliquie, den Arm des hl. Benedikt, aus Brescia zurückbrachte, war er beteiligt.

Quandel war außerdem beteiligt an der Herausgabe des Codex diplomaticus cajetanus (Typis Archicœnobii Montis Casini, 3 Bände, 1887, 1891, 1958, 1960), einer umfangreichen Sammlung von Schriftrollen und Dokumenten des langobardischen Herzogtums Gaeta. Als Lehrer für Mathematik und Physik unterrichtete Quandel an der neu begründeten Erziehungsanstalt Collegio di S. Benedetto der Abtei, deren Leitung er bald übernahm. 1875 wurde durch seine Initiative das meteorologisch-geodynamische Observatorium gebaut, dessen erster Direktor Quandel wurde.

Nach dem Tod des Abtes Orgemont wurde Quandel 1896 selbst zum Abtordinarius gewählt (päpstliche Bestätigung 28. Juni 1896), starb aber schon im folgenden Jahr, 27. Februar 1897, an einer Lungenentzündung. Er wurde in Montecassino beigesetzt.

gge

  1. Militärischer Orden des hl. Georg von der Wiedervereinigung [Real Ordine Militare di San Giorgio della Riunione]
  2. Auch sein Bruder Pietro verarbeitete die Kriegserlebnisse in einem Buch: Quandel, Pietro: Giornale della difesa di Gaeta, da nov. 1860 a feb. 1861. Roma, A. Placidi, 1863 [Digitalisat].

D:

simpl. prof. 26. Dez. 1865, sol. prof. 21. Mai 1874, Sac. 21. März. 1870.

W:

Lavori del Genio napoletano nelle posizioni occupate dall'esercito dietro il Garigliano fino al termine dell'assedio di Gaeta con la descrizione di questa piazza, ed alcune riflessioni sull'attaco e sulla difesa di essa. Con atlante per cura di Giuseppe Quandel. Napoli: Tipografia di G. Cardamone, 1862 [Digitalisat].

L:

StMBO 17 (1896) 525 · StMBO 18 (1897) 365–366 · Album Benedictinum · Quandel, Ludovico: Ludovico Quandel. Capitano d'artiglieria dell'esercito napoletano, Giuseppe Catenacci e Maurizio Di Giovine (a cura di), Comune Monte di Procida, Monte di Procida 2007 · Riccardi, Fernando: Dai bastioni di Gaeta a Montecassino: l'abate. Giuseppe Quandel, in: Studi cassinati: Bollettino trimestrale di studi storici del Lazio meridionale, 14. Jg., Nr. 2, April-Juni 2014, S. 92–95.


Zitierempfehlung: Quandel, Giuseppe, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 29.12.2015, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Quandel,_Giuseppe

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