Ströhmer, Ludwig

Ludwig Ströhmer OSB

Ludwig Ströhmer

Abt der Benediktinerabtei Seitenstetten 1852–1867

* 17. Feb. 1819 Linz
† 27. Nov. 1867 Seitenstetten

Ströhmers Vater Johann stammte aus Koblenz und hatte sich als Friseur in Linz niedergelassen, wo der Sohn Gustav geboren wurde. Der absolvierte das Gymnasium in Linz und Seitenstetten und die philosophische Studien in Linz. 1839 Eintritt in das Stift Seitenstetten, 1842 Profess, Juli 1844 Priesterweihe im Dom zu St. Pölten, dann drei Jahre Seelsorger an der Stiftspfarre und zugleich Religionslehrer an der Volksschule. Zum Studium der neueren Sprachen nach Kremsmünster gesandt, musste er 1846 nach Seitenstetten zurückkehren, um die Stelle eines Professors am Stiftsgymnasium und Konviktspräfekten zu übernehmen. Als die Schule 1850 zum Untergymnasium abgestuft wurde, übernahm er den Unterricht in Mathematik und Physik. Im folgenden Jahr trat Abt Josef Gündl zurück. Es folgte eine zweijährige Administration, die durch die Wahl Ströhmers zum Abt am 11. Februar 1852 beendet wurde.

Abt Ströhmer ordnete die zerrütteten wirtschaftlichen Verhältnisse und reorganisierte die Verwaltung. Er renovierte Stiftsgebäude und -kirche (Turmerhöhung) und die zum Stift gehörigen Pfarren; die Vollendung der 1865 begonnenen Renovierung der Wallfahrtskirche am Sonntagberg sollte er aber nicht mehr erleben. Unter Ströhmers Regierung nahm auch die immer noch von den Nachwirkungen des Josephinismus und Liberalismus geprägte klösterliche Disziplin einen Aufschwung. Er verschärfte die Einhaltung der Klausurbestimmungen und verfasste für die Novizen eine angemessene Tagesordnung, deren Befolgung er persönlich überwachte. Außerdem wurden die Chorgebetszeiten so gelegt, dass alle Mönche daran teilnehmen konnten (Tisch).

Obwohl der jüngste der Prälaten, wurde Ströhmer im Oktober 1858 von der in Wien tagenden Provinzialversammlung der Äbte, Pröpste und Prälaten ausgewählt, gemeinsam mit dem Abt von St. Florian, Friedrich Mayer, dem Papst in Rom die Huldigung der Stifte Österreichs zu überbringen und eine Bittschrift zu übergeben, die für die anstehende Klosterreform die freie Abtwahl, die Stabilitätsübertragung nur mit Erlaubnis des Oberen und das Verbleiben des Stiftungsvermögens bei den einzelnen Häusern erbat. Da Abt Mayer bald nach der Ankunft in Rom starb, erledigte Ströhmer die Mission alleine. Es gelang ihm tatsächlich, bei Papst und Kurie die Vorurteile gegen die österreichischen Stifte zu zerstreuen (Tisch). Bei dieser Gelegenheit schenkte ihm Pius IX. auch eine Inful, die der von Napoleon gefangengehaltene Pius VII. getragen hatte (BLKÖ 74).

Nach Seitenstetten zurückgekehrt, wandte Abt Ströhmer seine Aufmerksamkeit der unter seinen Vorgängern vernachlässigten und 1850 wegen Mangel an Lehrkräften zum Untergymnasium herabgestuften Schule zu, deren Ergebung zum Vollgymnasium er wiedererlangen konnte. Er verbesserte die Ausstattung mit Lehrmitteln und sandte vor allem Stiftsmitglieder zum Studium nach Wien (1860). Schon im Schuljahr 1866/67 wurde der Unterricht in fünf Klassen erteilt, und in jedem folgenden Jahr eine neue eröffnet, bis die erforderliche volle Zahl wieder erreicht war. 1870 wurde die erste Maturitätsprüfung abgehalten, was Abt Ludwig aber nicht mehr erlebte.

Schon länger krank starb Abt Ströhmer am 27. November 1867, 48 Jahre alt. Die Klosterchronik nennt ihn den „3. Gründer“ des Stiftes Seitenstetten.

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D:

Vest.: 15. Aug. 1839; Prof.: 15. Aug. 1842; Sac.: Juli 1844; Abbas: el. 17. Feb. 1852, ben. 21. März 1852.

L:

Brunner, Sebastian: Ein Benediktinerbuch. Würzburg, Woerl, o.J. (1880), S. 447–448 · Gottfried Edmund Frieß: Abt Ludwig Ströhmer. Nekrolog. Waldhofen an der Ybbs: Halauska, 1868 · ÖBL 1815–1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 418f. · Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich XL., S. 73–75 · Tisch, Jacobus: Die Springer-Äbte: Hugo (Karl) und Theodor (Johannes) Springer und der Konvent des Stifts Seitenstetten, in: Verein zur Erforschung der Mostviertler Geschichte (VEMOG): Mosaiksteine. Spurensuche in der Mostviertler Geschichte II, 2013, 384ff.


Zitierempfehlung: Ströhmer, Ludwig, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 25.02.2017, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Str%C3%B6hmer,_Ludwig

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