Wolter, Maurus

Maurus Wolter OSB

Maurus Wolter

Gründer und 1. Erzabt von Beuron, 1. Präses der Beuroner Kongregation

* 4. Juni 1825 Bonn
† 8. Juli 1890 Beuron

Rudolf Wolter war ein Sohn des wohlhabenden Bonner Bierbrauers Lorenz Wolter und seiner Ehefrau Elisabeth geb. Schuchard. Von den zwölf überlebenden Kindern wählten sieben den geistlichen Beruf, fünf Söhne wurden Priester, davon drei Benediktiner: Rudolf, Karl (Hildebrand Wolter OSB, 1826–1859) und Ernst (Placidus Wolter OSB 1826–1908).

Rudolf studierte Theologie, Philosophie und Philologie an der Universität Bonn. Während dieser Zeit schloss er sich der konservativen Studentenbewegung an. Als Mitbegründer der Studentenvereinigung »Union« nahm er 1848 am Wartburgfest in Eisenach teil. Über den Bonner Pfarrer Wilhelm Reinkens (1811–1889) gelangten die Brüder Wolter in den Bonner Freundeskreis um den umstrittenen Wiener Theologie- und Philosophieprofessor Anton Günther (1783–1863).

Im Herbst 1849 mit einer Arbeit über Aristoteles (»De spatio et tempore – Über Raum und Zeit«) zum Doktor der Philosophie promoviert, besuchte Wolter ein Jahr das Priesterseminar in Köln und wurde am 3. September 1850 zusammen mit seinem Bruder Karl von Weihbischof Friedrich Baudri (nach Kienle von Kardinal Geissel) im Kölner Dom zum Priester geweiht. Kurz darauf trat er seine erste Stelle als Leiter der Allg. Höheren Stadtschule in Jülich an. Nachdem er 1852 in Münster die »Philologische Staatsprüfung für das Lehramt an Höheren Schulen« abgelegt hatte, wurde er 1854 als Rektor an das Domgymnasium in Aachen versetzt, wo auch sein 1851 zum Priester geweihter Bruder Ernst als Lehrer tätig war, während Karl Kaplan an St. Michael ebd. war.

Rudolf blieb nicht lange in Aachen, sondern folgte schon im nächsten Jahr (1856), nach dem Tod der Mutter, seinem Bruder Ernst (Placidus) in die Benediktinerabtei St. Paul vor den Mauern in Rom, deren Abt Simplicio Pappalettere sich mit dem Gedanken trug, mit den deutschen Novizen eine Benediktinerakademie im Geiste des Güntherianismus zu gründen. Als ein Teil von Günthers Schriften jedoch 1857 auf den päpstlichen »Index der verbotenen Bücher« gesetzt wurde und Günther seine Thesen zurückzog, gaben Pappalettere und Wolter ihre Pläne auf. Nach dem Noviziat in Perugia legte Wolter im November 1857, nachdem auch Bruder Karl eingetreten war (Profess 21. Nov. 1858, Ordensname Hildebrand), in St. Paul seine Profess ab und erhielt den Klosternamen »Mauro« (Maurus).

In den nächsten Jahren als Lektor für Theologie tätig, lernte er 1859 bei Kardinal Hohenlohe in Tivoli die Fürstinwitwe Katharina von Hohenzollern kennen, mit deren finanzieller Hilfe die Brüder Maurus und Placidus (Karl war schon verstorben) ein Benediktinerkloster in Deutschland gründen wollten. Nach einer Pilgerfahrt ins heilige Land zogen sie 1860 – mit dem Einverständnis des neuen Abtes Angelo Pescetelli – auf der Suche nach einem geeigneten Ort nach Bonn und kamen schließlich – nachdem sich das kleine Hospiz Materborn bei Kleve als ungeeignet erwiesen hatte – in das ehemalige Chorherrenstift Beuron bei Sig­ma­rin­gen. Geistliche Aufbauhilfe fand er – da kein deutschsprachiges Benediktinerkloster den ersten Novizen Benedikt Sauter zur Ausbildung aufnehmen wollte – bei Abt Prosper Guéranger in Solesmes, wohin Maurus Wolter im Herbst 1862 reiste und drei Monate blieb. Durch ge­naue Be­ob­ach­tung und zahl­rei­che Ge­sprä­che mit Gué­ran­ger ge­lang­te er zu ei­ner neu­en Vorstellung vom idea­len mo­nas­ti­schen Le­ben, be­stimmt durch fest­li­che Lit­ur­gie mit Choral­ge­sang, Ge­mein­schafts­le­ben und Seel­sor­ge. An Pfingsten 1863 (23. Mai) wurde in Beuron das Stundengebet eröffnet, am 28. Mai 1863 legte Benedikt Sauter die Profess ab. Beuron war nun rechtlich ein von der Cassinenser Kongregation unabhängiges Priorat.

In der folgenden Zeit leg­te Prior Wolter ei­ni­ge geist­li­che Schrif­ten vor und erarbeitete die Konstitutionen, die von Diözesanbischof Hermann von Vicari vorläufig anerkannt, am 5. Mai 1873 von Rom für zehn Jahre und nach Überarbeitung 1883 endgültig bestätigt wurden. 1868 war die Zahl der Professmönche auf zwölf gestiegen, womit das Kloster zur Abtei und Prior Maurus am 3. Oktober 1868 von Abt Léon Bastide von Ligugé als Abt installiert[1] und von Kardinal Reisach benediziert wurde. Ein erstes Tochterkloster in Arnstein musste bald wieder aufgegeben werden; 1872 entstand aber die Tochtergründung Maredsous in Belgien, wo Maurus Wolter 1878 seinen Bruder Placidus als ersten Abt einsetzte.

Infolge des sog. preußischen Kulturkampfs mussten die Benediktiner Beuron am 2. Dezember 1875 verlassen. Ein Teil wandte sich nach Maredsous, ein anderer nach Erdington in England, der größte Teil aber mit Abt Maurus (und Genehmigung des österreichischen Kaisers) in das ehemalige Servitenkloster Volders bei Innsbruck. Hier vollendete Wolter den dritten Band des Psallite und begann mit dem vierten. Der fünfte und letzte Band ging kurz vor seinem Tod in den Druck. Im Jubiläumsjahr 1880 entschloss sich Wolter noch in letzter Stunde zur Abfassung einer literarischen Weihegabe an den Ordensvater Benedikt von Nursia und verfasste trotz seiner Krankheit in kurzer Zeit mit Hilfe einiger Mönche das Werk Praecipus Ordinis Monastici Elementas, in dem er sei­ne Grund­sät­ze des monastischen Le­bens dar­leg­te.

Als der Konvent von Beuron/Volders im März 1880 nach Emaus in Prag übersiedelte, musste er aus Krankheitsgründen zunächst in Tirol zurückbleiben. Erst Ende 1880 war er so weit wiederhergestellt, dass er selbst nach Emaus ziehen konnte, wo man eben anfing, die Abteikirche zu erneuern und sie mit passendem Bilderschmuck zu versehen, was vier Jahre in Anspruch nahm. Im selben Jahr war er zu den Jubiläumsfeierlichkeiten zum 1400. Geburtstag des hl. Benedikt nach Montecassino gereist, wo er nach dem Abschluss der Äbteversammlung zusammengebrochen und, wie Ambrosius Kienle im Nachruf schreibt, „wie ein Sterbender“ nach Rom gebracht worden war.

Da sich auch das Kloster Emaus durch die zahlreichen Neueintritte bald als zu klein erwies, nahm er im Juli 1883 die Neugründung Seckau in der Steiermark in Angriff, während Emaus im April 1885 unter Abt Benedikt Sauter selbständig wurde. Da die Beuroner Schöpfung nun aus drei Abteien bestand (Beuron, Maredsous, Emaus) und kirchenrechtlich zur Kongregation geworden war, wurde Wolter zum Erzabt und Präses. Die Regelung der Rechts- und Lebensverhältnisse des neuen Klosterverbandes wurde zu Wolters zweiter Lebensaufgabe. Im Herbst 1885 wurde das erste Generalkapitel abgehalten. Im Frühjahr hatte Erzabt Wolter des besseren Klimas wegen seinen Sitz nach Seckau verlegt, das 1887 mit Abt Ildefons Schober ebenfalls Abtei wurde. Allerdings war das Kirchengebäude so baufällig, dass 1886 der Nordturm einstürzte und der Einsturz des Südturms zu befürchten war.

Nach einem erneuten gesundheitlichen Zusammenbruch begab sich Erzabt Wolter zur Genesung in ein belgisches Seebad und verbrachte den Winter 1886/87 in Südfrankreich, wo er sich einigermaßen erholte. Von dort zurückgekehrt, konnte er am 20. August 1887 mit dem Konvent feierlich in das nach Beendigung des „Kulturkampfs“ wieder zugängliche Beuron einziehen. Hier starb er am 8. Juli 1890, kurz nach dem dritten Generalkapitel der Beuroner Kongregation, die aus vier Abteien und einem Priorat bestand. Dazu kam das neugegründete Frauenkloster St. Gabriel in Prag, das 1893 mit Äbtissin Regintrudis Sauter Abtei wurde. Er wur­de in der Klos­ter­kir­che bei­ge­setzt. Zu seinem Nachfolger wurde sein Bruder Placidus als dienstältester Abt der Kongregation gewählt.

gge, Sep. 2011, rev. Nov. 2019

  1. im Auftrag des Abtes Guéranger und in Anwesenheit des Abtes Günther Kalivoda von Raigern.

D:

Sac.: 3. Sep. 1850 (Köln); Prof.: 15. Nov. 1857 (Rom); Abbas: nom. 11. Sep. 1868, ben. 20. Sep. 1868 (Rom), inst. 3. Okt. 1868 (Beuron).

W:

Pra­eci­pua Or­di­nis mo­nas­ti­ci Ele­men­ta, e Re­gu­la Sanc­ti Pa­tris Be­ne­dic­ti ad­um­bra­vit, testi­mo­niis or­na­vit, Brüg­ge 1880 · Psal­li­te sa­pi­en­ter: „Psal­lie­ret wei­se!“, Er­klä­rung der Psal­men im Geis­te des be­trach­ten­den Ge­bets und der Lit­ur­gie, Dem Cle­rus und Volk ge­wid­met, 5 Bde., 3. Auf­la­ge, Frei­burg 1904–1907.

L:

Ambrosius Kienle: P.T Erzabt Maurus Wolter, Gründer und erster Präses der Beuroner-Congregation O. S. B., in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 11 (1890) S. 659–664 (Nekrolog; Nachdruck in St. Benedikts-Stimmen 35 (1911), S. 21 ff.) · Wahr, F.: Erzabt Maurus Wolter, Lebensskizze, in: Alte und Neue Welt 24 (1890), S 737–740 · Schott, A[rthur]: Leben und Wirken des hochwürdigsten Herrn Dr. Maurus Wolter, Erzabtes von Beuron. Stuttgart: Süddeutsche Verlagsbuchhandlung, 1891 · Caloen, Gérard van: Dom Maurus Wolter. Brügge, 1891 · Lier, Hermann Arthur: Wolter, Maurus, in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), S. 170–172 · Wetzer und Weite's Kirchenlexikon. 12 (1901), 1756 f. (L. Helmling) · Oer, Sebastian von: Ein Jugendbildnis des Erzabtes Maurus Wolter, in: Benediktinische Monatsschrift 2 (1920), S. 326–329 · Maurus Wolter, dem Gründer Beurons, zum 100. Geburtstag. Erinnerungen und Studien. Hrsg. von P. Justinus Uttenweiler O. S. B. Beuron: Kunstverlag, 1925 [S. 67–87: Suso Mayer: Erzabt Maurus als Gesetzgeber der Beuroner Kongregation; S. 99–110: Athanasius Miller: Das Psalmenwerk des Erzabtes Maurus Wolter; S. 111–142: Ansgar Pöllmann: Maurus Wolters Anteil an der Stilbildung der Beuroner Kunst; S. 143–159: Anselm Manser: Überschau der schriftstellerischen Tätigkeit Maurus Wolters; S. 160–182: ders.: Festliche Lesungen aus den Schriften Maurus Wolters] · Wolff, Odilo: Erzabt Maurus Wolter, in: Benediktinische Monatsschrift 7 (1925), S. 161–165 · Aus dem literarischen Erbgut des seligen Erzabtes Maurus Wolter (4. Juni 1825 bis 8. Juli 1890), in: Benediktinische Monatsschrift 7 (1925), S. 166–178.


Zitierempfehlung: Wolter, Maurus, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 21.11.2019, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Wolter,_Maurus

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