Benedikt Baur
5. Erzabt von Beuron 1938–1955
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† 10. Nov. 1963 Beuron
Benedikt Baur, Taufname Karl [Borromäus], wurde 1877 als Sohn des Maurers Josef Baur und seiner Frau Magdalena geb. Schreiber geboren. Er kam 1893 in die Oberstufe der Oblatenschule der Benediktinerabtei Seckau und trat, wie es damals üblich war noch vor dem Abitur, in die Erzabtei Beuron ein (24. Sep. 1897). Zehn Tage später wurde er von Erzabt Placidus Wolter als Novize eingekleidet und erhielt den hl. Benedikt von Nursia zum Patron. Nach der ersten Profess am 5. Oktober 1898 studierte er in Beuron und Maria Laach Philosophie und in Rom, Sant’Anselmo, Theologie. Am 20. September 1903 wurde er von Erzbischof Thomas Nörber in Beuron zum Priester geweiht und 1904 in Rom zum Doktor der Theologie promoviert.
Von 1905 bis 1913 lehrte er Dogmatik an der Theologischen Hochschule Beuron. Von 1907 bis 1910 war er dort auch Klerikerpräfekt. In dieser Zeit verfasste er mehrere Denkschriften an das Generalkapitel der Beuroner Kongregation, in denen er auf die Unzulänglichkeiten des Ausbildungssystems aufmerksam machte und sich für eine bessere Gestaltung des Unterrichts einsetzte. An der Debatte um den am 1. September 1910 von Papst Pius X. eingeführten sog. Antimodernisteneid beteiligte er sich mit der Schrift Klarheit und Wahrheit. Eine Erklärung des Antimodernisteneids (Freiburg 1911).
Am 28. Oktober 1912 wurde er von Pius X. aus einem Dreiervorschlag als Rektor des griechischen Kollegs St. Atanasio in Rom ausgewählt, das für die Betreuung der Priesterseminaristen des griechischen Ritus zuständig war. Mit dem Kriegseintritt Italiens 1915 wich er mit den Seminaristen nach Maria Einsiedeln in der Schweiz aus und kehrte nach der Auflösung des Kollegs 1916 nach Beuron zurück. Dort übertrug ihm Erzabt Ildefons Schober das Amt des Novizenmeisters, das Benedikt Baur zunächst auch unter dem 1918 gewählten Erzabt Raphael Walzer behielt. 1919 ging er als Philosophielehrer an das Gymnasium der Abtei Engelberg in der Schweiz, um den an der Grippe gestorbenen P. Sigisbert Cavelti zu ersetzen. Dessen Skripten gab er in erweiterter Form 1921 unter dem Titel Grundriß der Philosophie heraus (mehrere Auflagen).
Von 1921 an wieder in Beuron, war er dort Subprior und als Nachfolger des zum Abt von Neresheim gewählten Bernhard Durst Dogmatikprofessor an der Hochschule. In dieser Zeit entstanden auch mehrere Schriften, die seinen Ruf als asketisch-spiritueller Schriftsteller begründeten und mehrere Auflagen erreichten (u.a. Häufige Beichte, bis 1959 zehn Auflagen). 1924 ging Benedikt Baur als Spiritual an das Benediktinerkolleg bei St. Peter in Salzburg und übernahm auch dort Vorlesungen. Seinen wissenschaftlichen Befähigungsnachweis erbrachte er der Fakultät durch die nicht im Druck erschienene Schrift Der Standpunkt des hl. Benedikt von Nursia in der Gnadenlehre. Ein Beispiel zur Asketik der Benediktinerregel.
In diese Zeit, auch noch als Professor für Dogmatik an der Benediktinerhochschule Sant'Anselmo in Rom 1931 bis 1938, fällt seine Mitarbeit am Schott-Messbuch. Für die 33. Auflage (1929) verfasste er die Einführung in die Sonntagsmessen neu. Im Rahmen der aufkommenden liturgischen Bewegung entstand das dreibändige Werk Werde Licht. Liturgische Betrachtungen an den Sonn- und Wochentagen des Kirchenjahres (Freiburg 1936), das mehrere Auflagen erlebte und in viele Sprachen übersetzt wurde. Ein vierter Band folgte 1955 unter dem Titel Die liturgischen Betrachtungen über eine Auswahl von Heiligen des römischen Meßbuches.
Erzabt in Beuron
1938 von Rom nach Beuron zurückberufen, wurde Baur dort Subprior und Rektor der Weltoblaten und im selben Jahr – nach dem angeblichen Verzicht des Erzabtes Raphael Walzer – von Papst Pius XI. aus einem Dreiervorschlag zum Erzabt von Beuron ausgewählt (18. Jan. 1938, 6. Feb. 1938). Die Benediktion spendete ihm Erzbischof Conrad Gröber am 24. Februar 1938.
Als von außen kommender Abt hatte Benedikt Baur die schwierige Aufgabe, einen hochverschuldeten und von Intrigen erschütterten Konvent zu übernehmen, dessen Abt aus politischen Gründen seit zwei Jahren im Ausland lebte. Dazu kamen die durch die kirchenfeindliche nationalsozialistische Regierung und den Zweiten Weltkrieg verursachten äußeren Schwierigkeiten. Viele Klöster wurden aufgelöst und die Konventmitglieder „gauverwiesen“, manche in Konzentrationslager gebracht. Zweimal, im November 1940 und im Frühjahr 1942, drohte auch Beuron dasselbe Schicksal, konnte aber, zum Teil mit Hilfe lokaler Parteistellen, abgewendet werden. Am 4. Mai 1942 belegte die Wehrmacht das gesamte Kloster auf Grund des Reichsleistungsgesetzes mit Beschlag und kam damit der NSDAP, wie es hieß, nur um wenige Tage zuvor. Erzabt Baur, der sich jeder politischen Tätigkeit enthielt, wurde mehrfach von der Gestapo verhört. Novizen durften von 1940 an keine mehr aufgenommen werden, 108 Mönche wurden zum Kriegsdienst eingezogen, nur 65 kehrten nach Kriegsende zurück (die übrigen waren gefallen, vermisst oder ausgetreten).
Zum Dank für die Bewahrung vor der Klosteraufhebung begann Erzabt Baur 1947 mit der Restauration und Rebarockisierung der Abteikirche St. Martin. 1948 übernahm er das Priorat Las Condes in Chile von der Kongregation von Solesmes (das eigene Priorat Tonogaoka in Japan hatte er 1939 aus verschiedenen Gründen, u.a. finanziellen, aufgegeben). 1952 reiste er trotz seines Alters persönlich zur Visitation dorthin. Die Abtei Emmaus in Prag mit dem polnischen Priorat Lubin und die Abtei St. Benediktsberg in Mamelis-Vaals in den Niederlanden schieden aus dem Kongregationsverband aus.
Von besonderer Bedeutung ist auch die Gründung des Vetus-Latina-Instituts, das sich bis heute mit der wissenschaftlichen Auswertung frühchristlicher altlateinischer Bibel- und Kirchenvätertexte aus dem Besitz der Erzabtei befasst. Als Rektor leitete Erzabt Baur selbst die theologische Schule der Kongregation und sorgte durch Entsendung von Patres zum Studium und zur Promotion an auswärtige Universitäten (Rom, Tübingen, Wien) für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Zum 1. Januar 1956 legte er sein Amt nieder und befasste sich wieder mit schriftstellerischer Tätigkeit, deren Ergebnisse ein Lebensbild über den Benediktinerkardinal Ildefons Schuster von Mailand (Stirb und Werde, 1961) und eine ausführliche Biographie der Kreuzschwester Ulrika Nisch von Hegne (Kein Maß kennt die Liebe, 1963) sind. Die Fertigstellung eines dritten Buches über den Abt und Bischof Willibrord Benzler verhinderte sein unerwarteter Tod am 10. November 1963. Er fand sein Grab in der Krypta der Gnadenkapelle neben Erzabt Placidus Wolter.
gge, März 2010, rev. Jan. 2016
Daten:
Vest.: 4. Okt. 1897; Prof.: 5. Okt. 1898, 1901; Sac.: 20. Sep. 1903; Abbas: el. 18. Jan. 1938, nom. 6. Feb. 1938, ben. 24. Feb. 1938, res. 1. Jan. 1956; Dev.: Christi pascimur cruce – Wir nähren uns von Christi Kreuz.
Werke:
Ave Maria : Gedanken über das Geheimnis der Jungfrau-Mutter Maria,, Beuron : Beuroner Kunstverlag, 1935; Luzern : Rex ²1947; Beuron : Beuroner Kunstverl., ⁴1954 · Werde Licht! Liturgische Betrachtungen an den Sonn- und Wochentagen des Kirchenjahres, Freiburg: Herder, 1937 ; Kein Maß kennt die Liebe. Ulrika Nisch, Kreuzschwester von Hegne, Konstanz: Merk & Co., 1963 · vollständiges Verzeichnis der Werke und Aufsätze in: Suso Mayer OSB, Beuroner Bibliographie 1863–1963, 20–22.
Literatur:
Eckardt, Maternus: Christi pascimur cruce. Das Kreuz Christi nährt uns. Zum silbernen Abtsjubiläum von Benedikt Baur, Erzabt von Beuron (1938–1955) am 24. Februar 1963. Konradsblatt v. 17. Feb. 1963 · Ferdinand, Horst: Baur, Benedikt (Karl Borromäus), OSB, Erzabt von Beuron, Gegner des NS-Regimes, 1877–1963. Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), S. 19 · Fiala, Virgil: Erzabt Benedikt Baur, gestorben am 10. November 1963. Erbe und Auftrag 40 (1964), S. 70–75.
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