Brechter, Suso

Athanas OSB

Heinrich Suso Brechter OSB

Erzabt von St. Ottilien 1957–1974; Missionswissenschaftler, Konzilsvater

* 17. Aug. 1910 Dorndorf
† 12. Feb. 1975 St. Ottilien

Dr. phil. Suso Brechter war bis 1952 Prior in St. Ottilien, welchen Posten er 1952 aufgab, um eine Professur für Missionswissenschaft an der Universität München anzutreten. (1. Sep. 1952). 1957 wurde er zum Erzabt gewählt. In seine Amtszeit fiel vor allem die große Neuorientierung des II. Vatikanischen Konzils.

Kindheit und Jugend

Geboren am 17. August 1910 in Dorndorf bei Ulm als Sohn des Oberlehrers Franz Brechter und seiner Gattin Theresia, geb. Stetter, wuchs Hans Brechter mit drei Geschwistern auf. Er besuchte die Volksschule bei seinem Vater in Dorndorf, dann in Bronnen bei Laupheim und von 1921 bis 1924 die Lateinschule in Laupheim. 1924 trat er in die 4. Klasse des Progymnasium der Abtei St. Ottilien ein und durchlief den normalen Studiengang mit Besuch der Oberklassen am staatlichen Gymnasium in Dillingen an der Donau. Seine starke Kurzsichtigkeit führte dazu, dass er während des zweiten Weltkrieges nicht zum Wehrdienst eingezogen wurde.

Mönch in St. Ottilien

Nach dem Abitur trat er im Mai 1930 als fr. Suso in dass Chornoviziat der Abtei St.Ottilien ein und legte am 16. Mai 1931 zusammen mit acht anderen Klerikern und zwölf Brüdern seine erste Profess ab. Nach dem Studium der scholastischen Philosophie an der Philosophischen Ordenshochschule in St. Ottilien wechselte er zum Theologiestudium an die Universität München (1933–1937). Während dieser Zeit beschäftigte er sich schon intensiv und erfolgreich mit der Geschichte der Benediktusregel und des Benediktinerordens. Das führte ihn zu Kontakten und freundschaftlichen Beziehungen zu dem Benediktinergelehrten Germain Morin, der damals in München lebte und die außerordentliche wissenschaftliche Begabung Brechters erkannte und nach Kräften förderte. Mit Nachdruck setzte Morin sich bei Erzabt Chrysostomus Schmid dafür ein, dass fr. Suso für die Wissenschaft freigestellt und mit keinerlei klösterlichen Ämtern oder ändern Verpflichtungen belastet werden solle.

1936 wurde P. Suso zum Priester geweiht und im folgenden Jahr, nach Abschluss seines theologischen Studiums, für ein Zweitstudium bestimmt. Er wählte sich Mittelalterliche Philologie, Universalgeschichte, Paläographie und Diplomatik; 1941 schloss er dieses Studium mit der Promotion zum Doktor der Philosophie (Dissertation: »Die Quellen zur Angelsachsenmission Gregors des Großen« bei Paul Lehmann). Schon 1938 hatte er sich durch einen Aufsatz über die Versus Simplicii und andere Arbeiten eine wissenschaftliche Reputation erworben.

Als er im Frühjahr 1941 seine Lehrtätigkeit in St. Ottilien aufnehmen sollte, wurde die Erzabtei am 17. April 1941 von der Gestapo aufgehoben. P. Suso wurde Hausgeistlicher bei den Benediktinerinnen in St. Alban (»Schutzengelschwestern«) und zugleich offizieller Seelsorger des großen Dießener Filialortes Riederau. Im Mai 1945 ernannte ihn Erzabt Chrysostomus zum Bibliothekar und wenige Monate später zum Prior in St.Ottilien, wo er auch als Dozent an der Philosophischen Hochschule tätig wurde. 1952 erhielt er einen Ruf als Professor für Mis­sionswissenschaft an der Universität in München und wurde Vorstand des dortigen missionswissenschaftlichen Seminars. Gleichzeitig versah er im Münchener Ottilienkolleg das Amt des Klerikerpräfekten.

Erzabt und Konzilsvater

Nach der Resignation des Erzabtes Chrysostomus Schmid wurde P. Suso vom Konvent am 12. Juli 1957 zu dessen Nachfolger als Erzabt und Abtpräses der Ottilianer Kongregation gewählt, am 16. Juli von Rom als Erzabt bestätigt und am 8. September vom Augsburger Bischof Dr. Josef Freundorfer zum Abt benediziert. Zusätzlich zur Erzabtei fiel ihm damit auch die Verantwortung für die Missionsarbeit der Kongregation in Tansania, Kenia und Zululand, Venezuela, Kolumbien, Südkorea und Japan zu.

In seine Amtszeit fielen die Umwälzungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, an dem er selbst als Konzilsvater in allen vier Sitzungsperioden teilgenommen hatte. Bereits 1959 war er Mitglied der vorbereitenden Missionskommission des Konzils. Von 1962 bis 1965 nahm er dann als Konzilsvater an den Beratungen teil. Später arbeitete er die Ergebnisse des Konzils auch wissenschaftlich auf. An dem grundlegenden Werk Lexikon für Theologie und Kirche: Das Zweite Vatikanische Konzil war er als Herausgeber und Autor beteiligt. Zum Dekret Ad Gentes über die Missionstätigkeit der Kirche verfasste er einen Kommentar.

Die nachkonziliären Veränderungen fanden ihren sichtbarsten Ausdruck in der Umgestaltung der Klosterkirche. Dafür hatte Brechter seinem Konvent bereits zu Weihnachten 1964 ein eigenes Konzept vorgestellt. 1967 begann dann die umfassende Neugestaltung des Kirchenraums. Im selben Jahr wurde er zum Päpstlichen Konsultor im Römischen Sekretariat für die Nichtchristen berufen.

Obwohl Brechter selbst am Konzil teilgenommen hatte, sah er manche der daraus resultierenden Veränderungen mit Sorge. Die Umwälzungen haben ihn "bis zuletzt tief bedrückt", wie es der Kirchenhistoriker Georg Schwaiger anlässlich eines Gedenkgottesdienstes an der Münchner Universität ausdrückte, da er „wesentliche Positionen des überkommenen Glaubens, des kirchlichen und speziell des monastischen Lebens gefährdet glaubte“.

Krankheit und Tod

In seinen letzten Lebensahren arbeitete er an einer neuen Übersetzung der Benediktus-Regel und einer zugehörigen Wortkonkordanz. Die Vollendung war ihm nicht mehr möglich. Wegen einer fortschreitenden Krankheit, die er sich bei einer Visitationsreise in Venezuela 1973 zugezogen hatte, trat er am 6. Dezember 1974 vom Amt des Erzabtes zurück. Nur wenig später, in den Mittagsstunden des Aschermittwochs 1975, starb er. Sein Grab fand er in der Kreuzkapelle der Klosterkirche. Sein Nachfolger wurde sein langjähriger engster Mitarbeiter Viktor Dammertz.

Äußere Anerkennung erfuhr Erzabt Brechter durch die Verleihung des Bayerischen Verdienstordens und des Großen Bundesverdienstkreuzes.

gge, Feb. 2009


D:

Vest.: Mai 1930; Prof.: 16. Mai 1931 (e.); Sac.: 1936; Abbas: el. 12. Juli 1957, conf. 16. Juli 1957, ben. 8. Sep. 1957 (Bf. Dr. Josef Freundorfer), res. 6. Dez. 1974; Dev.: Pax in Virtute.

W:

Die Quellen zur Angelsachsenmission Gregors des Grossen. Eine historiographische Studie, Münster 1941 (Diss.) · Benedictus, der Vater des Abendlandes 547-1947. Weihegabe der Erzabtei St. Ottilien zum vierzehnhundertsten Todesjahr, München 1947 · Kirchengeschichtliche Quellen und Studien, St. Ottilien 1950 · Das Zweite Vatikanische Konzil: Dokumente und Kommentare, hg. v. Heinrich Suso Brechter u.a., 3 Bände, Freiburg 1966–1968 · Der "weitschweifige" Pförtner? - Zur Regula Benedicti (66,3), in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 86 (1975), 645–661.

L:

Renner, Frumentius: In memoriam Erzabt Suso Brechter von St. Ottilien, in Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige (StMBO) 86 (1975) 831–833 · Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner. 1880-1980, St. Ottilien 1987, in: StMBO Ergänzungsband 29 II, 762f. · Schwaiger, Georg: Gedenkrede beim Trauergottesdienst des Fachbereichs Katholische Theologie der Universität München, am 25. Februar 1975

Normdaten:

GND: 107570181

Zitierempfehlung: Brechter, Suso, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 1.04.2020, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Brechter,_Suso

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