Fischer, Cäcilia

Cäcilia Fischer OSB

Cäcilia Fischer

5. Äbtissin von St. Gabriel/Bertholdstein 1963–1989

* 10. Nov. 1914 Wien
† 30. April 2001 Graz

Cäcilia Fischer, Taufname Hertha, wurde 1914 in Wien als Tochter des Juristen Johann Fischer und seiner Frau Emma Stadler geboren. Sie besuchte die Internatsschule der Schwestern vom Armen Kinde Jesu in Wien Döbling, wo sie 1933 maturierte. Nach dem Studium (Latein und Griechisch) und der Promotion zum Doktor der Philosophie am 5. Juli 1938 trat sie am 29. Juli 1938 in die Benediktinerinnenabtei St. Gabriel zu Bertholdstein in der Steiermark ein und legte dort am 10. Februar 1940 die zeitliche Profess ab. Die feierliche Profess und Jungfrauenweihe durch den Seckauer Abt Benedikt Reetz folgten am 10. Februar 1943 im Haus der Schwestern vom Guten Hirten in Wiener Neudorf, wo ein Teil der 1942 von den Nationalsozialisten enteigenten und vertriebenen Schwestern untergekommen war. Dort war sie während des Krieges im Lazarett tätig.

1945 in das verwüstete und unbewohnbare Kloster St. Gabriel zurückgekehrt, arbeitete sie beim Wiederaufbau mit und wurde mit der Betreuung der Hühner betraut. Sie führte eine biologische Hühnerzucht ein und ließ zwei neu Hühnerhäuser bauen, die sie später als Äbtissin in die Gästehäuser Sonnenhaus und Waldhaus umbauen ließ. Neben der Arbeit bei den Hühnern war sie zwei Jahre Zelatrix (Gehilfin der Novizenmeisterin) und von 1960 an zugleich als Schwesternmeisterin zuständig für die Betreuung der Laienschwestern.

Nach dem Tod der Äbtissin Augustina Glatzel († 19. Aug. 1963) am 12. September 1963 zur Nachfolgerin gewählt und am 15. Dezember 1963 von Bischof Josef Schoiswohl benediziert, fiel ihr Amtsantritt mitten in die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965), dessen Beschlüsse sie in den folgenden Jahren im Kloster umzusetzen hatte. Dazu gehörten die (schwierige) Vereinigung der Konvente der Chorfrauen und der Laienschwestern, die Umstellung von Liturgie und Chorgebet auf die deutsche Sprache und die Umgestaltung des Chorraumes im Sinne der Liturgiereform. Mit den Entwürfen für die leuchtenden Buntglasfenster, Altar, Kreuz, Tabernakel und Leuchter beauftragte sie die von ihr sehr geförderte Künstlerin (und spätere Nachfolgerin) Basilia Gürth. Am 24 Dezember 1964 feierte der Konvent den ersten Gottesdienst im neugestalteten Oratorium, das von Bischof Schoiswohl am 23. April 1965, dem Weihetag der Abteikirche in Prag, in den Rang einer Kirche erhoben wurde.

In den folgenden Jahren kümmerte sie sich um die Öffnung des Klosters für Gäste, ließ die Hühnerhäuser zu Gästehäusern umbauen und bis 1970 den Pfortentrakt umbauen. Sie selbst lud zu Meditationen ein, gab geistliche Impulse und begründete den Oblatenkreis. Ab 1976 traten nach zwanzigjähriger Unterbrechung wieder Novizinnen ein, die sie bis 1987 als Novizenmeisterin betreute. Wichtig war es auch, die wirtschaftliche Grundlage der Abtei zu sichern: Wald, Obstbau, Kükenaufzucht, Hostienbäckerei, Paramentik. Da Arbeitskräfte fehlten, mussten 1980 die Hostienbäckerei und 1986 die Kükenmast aufgegeben werden. Die Obstplantage wurde 1989 verpachtet. Da die Gesamtsanierung der Burganlage imme dringender wurde, wurde in Zusammearbeit mit der steierischen Landesregierung ein Zehnjahressanierungsplan aufgestellt, mit dessen Durchführung noch während ihrer Amtszeit begonnen wurde.

1965 übernahm Äbtissin Cäcilia die faktische Verantwortung für die Südtiroler Benediktinerinnenabtei Säben (bis zur Wahl der Äbtissin Marcellina Pustet im Mai 1970) und schickte zwei Schwestern zur Unterstützung dorthin. Als es in der Beuroner Benediktinerkongregation, deren erstes Frauenkloster St. Gabriel war, zur Gründung des Unio genannten Zusammenschlusses der Frauenklöster gekommen war, wurde Abtissin Cäcilia 1966 zur ersten Moderatorin gewählt (bis 1969) und 1969 zur ersten Vorsitzenden der neugebildeten Vereinigung Benediktinischer Frauenklöster im Deutschen Sprachgebiet (VBD), an deren Zustandekommen sie maßgeblich mitgewirkt hatte. Vom Vorstandsgremium der VBD wurde sie 1971 zur Vertreterin der Benediktinerinnen des deutschsprachigen Raums in der Kommission der Benediktinerinnen beim Abtprimas Rembert Weakland gewählt und nahm in dieser Funktion am Äbtekongress 1973 in Rom teil. Es war der erste benediktinische Äbtekongress, an dem Frauen als Beobachterinnen teilnehmen durften. 1980 nahm sie als Vertreterin der österreichischen Benediktinerinnen an den Feiern zum 1500. Geburtstag des hl. Benedikt von Nursia in Rom teil.

Mit Erreichen des 70. Lebensjahres 1984 reichte sie bei Abtpräses Laurentius Hoheisel von Grüssau/Bad Wimpfen ihren Rücktritt ein, der ihr aber nach Rücksprache mit dem Konvent verwehrt wurde. Jedoch nahmen ihre Kräfte in den nächsten fünf Jahren spürbar ab. Am 15. Dezember 1988, Sonntag Gaudete, feierte sie ihr Silbernes Äbtissinnenjubiläum und am 17. September 1989 das 100-Jahr-Jubiläum der Abtei St. Gabriel. Am 14. November 1989 legte sie nach der Komplet ihren Abtstab auf die Stufen des Altares und beendete so ihre sechsundzwanzigjährige Amtszeit. Am nächsten Tag begab sie sich für ein Jahr in die Zisterzienserinnenabtei Marienkron-Mönchhof im Burgenland, mit deren Äbtissin Rosaria Golsch sie seit langem befreundet war und lebte dort mit den Schwestern in der Klausur. Am 10. Februar 1990 feierte sie in der Abteikirche St. Gabriel zu Bertholdstein ihre goldene Profess und reiste im Mai 1990 nach Prag, wo ihr zu Ehren ein Hochamt in der ehemaligen Klosterkirche St. Gabriel gefeiert wurde und sie von Kardinal Tomášek empfangen wurde.

Am 29. November 1990 in ihr Heimatkloster zurückgekehrt, nahm sie soweit es ihre Kräfte zuließen am Klosterleben teil. Sie starb, leise und unerwartet, am 30. April 2001 im Krankenhaus der Elisabethinen in Graz und wurde am 5. Mai 2001 auf dem Klosterfriedhof begraben. Die Ansprache zum Begräbnis hielt Abtpräses Anno Schoenen von Maria Laach.

gge, Okt. 2019


D:

Prof.: 10. Feb. 1940, 10. Feb. 1943; Abbatissa: el. 12. Dez. 1963, ben. 15. Dez. 1963, res. 14. Nov. 1989; Dev.: Et nunc sequimur in toto Corde.

W:

Sedulius qua ratione auctores antiquos adhibuerit. Wien, Dissertation, 1938.

L:

Krauss, Maria: Mutter Caecilia Hertha Maria Fischer OSB, in: Jan Mikrut (Hg.): Faszinierende Gestalten der Kirche Österreichs ; Bd. 6. Wien: Dom-Verlag, 2002. S. 79–116 · Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880-1980. St. Ottilien : EOS, 1985–1987. (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige ; 29. Ergänzungsband, I–II).


Zitierempfehlung: Fischer, Cäcilia, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 31.10.2019, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Fischer,_C%C3%A4cilia

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