Hallinger, Kassius

Kassius Hallinger OSB

Kassius Hallinger

Benediktiner der Abtei Münsterschwarzach; Kirchenhistoriker, Hochschullehrer

* 08. Aug. 1911 Gernsheim
† 24. Okt. 1991 Würzburg

Kassius Hallinger, Taufname Johannes Josef, aus Gernsheim am Rhein, war der Sohn eines Metzgermeisters und Gastwirts. Er besuchte das Seminar St. Ludwig der Missionsbenediktiner und von 1926 bis 1930 vom Würzburger Kolleg der Abtei Münsterschwarzach aus das Humanistische Gymnasium ebenda. Nach dem Abitur im März 1930 trat er in die Missionsbenediktinerabtei Münsterschwarzach ein, studierte Philosophie (St. Ottilien) und Theologie und wurde am 1. März 1936 in Würzburg zum Priester geweiht.

Das Studienjahr 1936/37 verbrachte er an der Benediktinerakademie Maria Laach für liturgische und monastische Studien verbracht und lernte dort die bedeutenden Ordenshistoriker Stephanus Hilpisch und Paulus Volk und den Abt Ildefons Herwegen kennengelernt, mit denen er noch jahrelang Kontakt hielt. Danach erfüllte er zunächst klösterliche Aufgaben, u.a. im Archiv. Von 1940 bis 1945 war er zur Wehrmacht eingezogen; die Abtei Münsterschwarzach war währendessen von den Nationalsozialisten aufgelöst.

Nach Kriegsende studierte Hallinger im Zweitstudium Geschichte, Kunstgeschichte und Rhetorik in Würzburg und wurde dort am 25. September 1948 zum Doktor der Philosophie promoviert (Gorze-Kluny. Studien zu den monastischen Lebensformen und Gegensätzen des Hochmittelalters, Bd. 22/23 der Studia Anselmiana, Rom 1950, Neudruck Graz 1971). Sein Doktorvater war Prof. Michael Seidlmayer.

1949 an das päpstliche Athenäum Sant’Anselmo der Benediktiner nach Rom berufen, lehrte er dort zunächst bis 1953 als Dozent und dann, als Nachfolger von Matthäus Rothenhäusler, bis 1986 als Ordinarius für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. 1961 wurden seine Lehrverpflichtugen auf das Mittelalter eingegrenzt und im Studienjahr 1977/78 beendete er seine Lehrtätigkeit, um sich ganz seinem Lebenswerk widmen zu können, der Edition des monumentalen Werkes Corpus Consuetudinum Monasticarum CCM (Siegburg: F. Schmitt 1963–1981), das er 1954 im Auftrag des damaligen Abtprimas und späteren Kardinals Benno Gut begonnen hatte. Es gewährt einen Einblick in das Selbstverständnis der verschiedenen Mönchsgenerationen durch die Jahrhunderte des Mittelalters. Großes Aufsehen erregte aber auch sein Aufsatz „Papst Gregor der Große und der hl. Benedikt“ in den Studia Anselmiana 1957, die die damalige Vorstellung von Papst Gregor als Benediktiner kritisch infrage stellte.

1986 nach Deutschland zurückgekehrt, lebte er zunächst im Ottilienkolleg in München, bis ihn ein in Österreich erlittener Schlaganfall zur Rückkehr nach Münsterschwarzach zwang, wo er die letzten Jahre auf der Krankenstation verbrachte. Er starb am 24. Oktober 1991 in der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg und wurde zwei Tage später in Münsterschwarzach bestattet.

Hallingers Schriftenverzeichnis umfasst 34 größere Abhandlungen und Aufsätze, daneben zahlreiche kleinere Rezensionen, Lexikonartikel und Miszellen. Er war Mitglied zahlreicher Akademien und Gelehrtengesellschaften des In- und Auslandes, darunter die Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte (1950), die Görresgesellschaft (1950), das Abt-Herwegen-Institut Maria Laach (1966) und die Bayerische Benediktinerakademie (1969). Die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, die Republik Österreich das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse in Gold. Die Universität Mainz verlieh ihm 1977 zugleich mit dem damaligen Kardinalerzbischof von Krakau Karol Wojtyła, dem späteren Papst Johannes Paul II., die theologische Ehrendoktorwürde.

gge, Feb. 2020


D:

Vest.: 13. Mai 1930; Prof.: 14. Mai 1931; Sac.: 1. März 1936.

W:

Gorze-Kluny. Studien zu den monastischen Lebensformen und Gegensätzen im Hochmittelalter. Band 1. Rom 1950, Band 2. Rom 1951 · Papst Gregor der Große und der hl. Benedikt, in: Studia Anselmiana 42 (1957), S. 231–320 · als Herausgeber: Initia consuetudinis Benedictinae. Consuetudines saeculi octavi et noni. Siegburg 1963 · Consuetudines Cluniacensium antiquiores cum redactionibus derivatis. Siegburg 1983, ISBN 3-87710-106-2 · Consuetudinum saeculi X/XI/XII monumenta, introductiones. Siegburg 1984, ISBN 3-87710-108-9 · Consuetudinum saeculi X/XI/XII monumenta non-Cluniacensia. Siegburg 1984, ISBN 3-87710-107-0.

L:

Severus, Emmanuel von: P. Dr. phil., Dr. theol. h.c. Kassius Hallinger, Benediktiner der Abtei Münsterschwarzach in memoriam, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 44 (1992), S. 474–476 · Engelbert, Pius: Kassius Hallinger (1911–1991) und die Erforschung des hochmittelalterlichen Mönchtums, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 79 (1993), S. 278–294 · Ders.: Sant’Anselmo in Rom. Kolleg und Hochschule. Von den Anfängen (1888) bis zur Gegenwart, 2. Auflage, EOS Verlag, St. Ottilien 2012, ISBN 978-3-8306-7532-7, S. 228–233 · Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880–1980. St. Ottilien: EOS, 1985–1987 (Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige ; 29. Ergänzungsband, I–II).

Normdaten:

GND: 129279927

Zitierempfehlung: Hallinger, Kassius, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 23.02.2020, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Hallinger,_Kassius

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