Lechner, Odilo

Odilo Lechner OSB
Foto: Abtei St. Bonifaz

Odilo Lechner

7. Abt von St. Bonifaz in München 1964–2003; geistlicher Schriftsteller

* 25. Jan. 1931 München
03. Nov. 2017 München

Odilo Lechner, Taufname Hans Helmut, wurde 1931 als einziges Kind eines Bankbeamten in München-Bogenhausen geboren und wuchs auch dort auf. Er besuchte die Gebele-Volksschule und das Wilhelmsgymnasium in München und wechselte 1946 auf das Gymnasium der Benediktinerabtei Metten, wo er 1949 sein Abitur ablegte. Danach studierte er Philosophie und Theologie an den Universitäten München, Innsbruck und Würzburg und erwarb 1952 in Innsbruck ein Lizentiat in Philosophie.

Im selben Jahr in die Benediktinerabtei St. Bonifaz in München eingetreten, legte er 1953 die zeitliche Profess ab und erhielt von Abt Hugo Lang den Ordensnamen Odilo. Kurz vor Weihnachten 1956, am 23. Dezember, wurde er vom Münchner Erzbischof Joseph Kardinal Wendel zum Priester geweiht. Die Primizpredigt hielt der bekannte Jesuit Karl Rahner SJ. In den folgenden Jahren war er als Kaplan und Katechet in der Stadtpfarrei St. Bonifaz in der Münchner Maxvorstadt tätig. 1961 begann er mit dem Weiterstudium in Würzburg und wurde 1963 bei Prof. Rudolf Berlinger mit einer Arbeit über Idee und Zeit in der Metaphysik Augustins zum Doktor der Philosophie promoviert. Von 1962 bis 1964 war er in Salzburg als Sekretär des Philosophischen Instituts unter Prof. Viktor Warnach OSB tätig und Mitarbeiter am Internationalen Forschungszentrum für Grundfragen der Wissenschaften, seit 1963 auch Spiritual am Kolleg St. Benedikt, dem Studienhaus der deutschsprachigen Benediktiner in Salzburg.

Am 14. Juli 1964 als jüngster Wahlberechtigter des Konvents zum Abtkoadjutor von Sankt Bonifaz gewählt, erhielt er am 8. September 1964 – im ersten Gottesdienst in München, der in Konzelebration gefeiert wurde – von Julius Kardinal Döpfner, Erzbischof von München und Freising, die Benediktion („Abtweihe“). Bis zum Tod des Abtes Hugo Lang 1967 wirkte Lechner als dessen Koadjutor und trat dann seine Nachfolge an.

Eine der ersten und größten Herausforderungen in Abt Odilos Amtszeit war der äußere Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Klosters und der Basilika Sankt Bonifaz. Nach mehreren Entwürfen und Diskussionen entstand in den 70er Jahren anstelle des zerstörten Langhauses der neoromanischen Basilika das „Zentrum Sankt Bonifaz“, das als Bildungszentrum rund um das bis heute stattfindende Colloquium Benedictinum dient. Die nach den Kriegsschäden zunächst nur provisorisch wiederhergestellten Klostergebäude und die Basilika wurden nach mehreren Bauphasen Mitte der 1970er Jahre wiederaufgebaut, die Basilika zu einem Zentralbau umgebaut und im Innern gemäß dem liturgischen Verständnis des 2. Vatikanischen Konzils umgestaltet. Das 2001 eingeweihte Haneberg-Haus (nach Bonifaz Haneberg, dem 2. Abt von St. Bonifaz und späteren Bischof von Speyer) gab der Anfang der 90er-Jahre entstandenen Obdachlosenarbeit der Abtei größeren Raum.

Neben St. Bonifaz kümmerte sich Abt Odilo auch um das Kloster Andechs, das Wirtschaftsgut der Abtei. Bei großen Wallfahrtsjubiläen feierte er mit den Andechser Wallfahrtsgemeinden Gottesdienst und rief die Jugendwochen für junge Männer ins Leben. Von 1972 bis 1983 wurde die Klosterbrauerei komplett neu erbaut. Mitte der 1980er Jahre unterstützte Lechner die Gründung des Freundeskreises Kloster Andechs. Um das Andenken des 1982 in der Andechser Wallfahrtskirche beigesetzten Komponisten Carl Orff lebendig zu halten, ließ er Ende der 1990er Jahre den Florian-Stadl zu einem Konzerthaus umbauen und förderte die von 1998 und 2015 jährlich stattfindenden Carl-Orff- Festspiele. 2004 übernahm er den Vorsitz des Orff-Fördervereins in Andechs.

Auch für die Bayerische Benediktinerkongregation, zu der St. Bonifaz gehört, und den Benediktinerorden war Abt Odilo tätig. 1964 wurde er Mitglied der Bayerischen Benediktinerakademie. Von 1972 bis 1978 und von 1984 bis 1993 war er Präses der Bayerischen Benediktinerkongregation. In dieser Zeit wurden die Kongregationssatzungen auf Basis der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils neu gefasst. Darüber hinaus war er von 1972 bis 1982 auch Erster Vorsitzender der Salzburger Äbtekonferenz. In diesen zehn Jahren wurden – ebenfalls im Anschluss an das Konzil – die liturgischen Bücher zur Feier des Stundengebetes völlig neu bearbeitet.

Dazu kamen Mitgliedschaften und Mitwirkung in verschiedenen Gremien u.a. im Priesterrat der Erzdiözese München-Freising, im Allgemeinen Rat der Katholischen Akademie in Bayern, im Direktorium der Salzburger Hochschulwochen, im Kuratorium der Münchner Volkshochschule, bis 2015 der langjährige Vorsitz des Vereins der Freunde der Abtei Dormitio in Jerusalem und bis 2014 die Tätigkeit als Obmann des Vereins der Freunde des Internationalen Forschungszentrums für soziale und ethische Fragen in Salzburg.

Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der Bayerische Verdienstorden (1975), die Medaille In Honorem Fautoris in Gold der Münchner Volkshochschule (1984), das Bundesverdienstkreuz (1989) und der Poetentaler (1995). Im November 2003 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Katholisch Theologischen Fakultät der Ludwigs-Maximilians-Universität München. 2005 wurde er mit der Bayerischen Staatsmedaille für Verdienste um Umwelt und Gesundheit geehrt.

2003 als dienstältester Abt des Ordens emeritiert, blieb Altabt Odilo im Kloster wohnen, hielt Vorträge, leitete Exerzitien und Gottesdienste und war als Firmspender in der Erzdiözese München-Freising unterwegs. Aus seiner Feder stammen zahlreiche geistliche Bücher und Ratgeber, die er zuletzt wegen seiner fortschreitenden Krebserkrankung diktieren musste. Er starb am Morgen des 3. November 2017 und wurde in der Gruft von St. Bonifaz beigesetzt.

gge, 2008, April 2010, rev. Nov. 2017


D:

Vest.: 1952; Prof.: 7. Nov. 1953; Sac.: 23. Dez. 1956; Abbas: el. 14. Juli 1964, ben. 8. Sep. 1964, res. 23. Juli 2003; Dev.: Dilatato corde – Mit weitem Herzen (Psalm 119).

A:

Bayerischer Verdienstorden (1975) · Medaille In Honorem Fautoris in Gold der Münchner Volkshochschule (1984) · Bundesverdienstkreuz (1989) · Poetentaler (1995) · Ehrenpromotion der Kath. Theol. Fakultät der Ludwigs-Maximilians-Universität München (6. Nov. 2003) · Bayerische Staatsmedaille für Verdienste um Umwelt und Gesundheit (2005).

W:

Idee und Zeit in der Metaphysik Augustins, Salzburg 1964 · Zu Augustins Metaphysik der Engel, in: Studis Patristica 9 (1966), S. 422–430 · Ein Künder von Gottes guter Welt, in: Benediktinische Mitteilungen 43 (1967), S. 418–422 · Zum Gedenken an Abt Hugo Land und Prior Augustin Engl, München 1967 · Der Dienst des lebenden zeichensAutorität und Freiheit I. München 1867, S. 425–435 · Abt Theodor Gangauf, ein augustinischer Denker des 19. Jahrhunderts. Augustinus XIII (Madrid 1969), S. 249–256, auch in: Ad sanctum Stephanum, Augsburg 1969, S. 309–316 · Der Missionsgedanke bei Abt Daniel Bonifaz von Haneberg. Laeta Dies, Münsterschwarzach 1968, S. 115–120 · Zur geistigen Gestalt Hanebergs. StMBO 87 (1976), S. 9–23 · Tendenzen im Ordensleben der nachkonziliaren Kirche. Perspektiven, München 1978, S. 294–301 · Im Dienst Gottes und der Menschheit. Zum Tod von Abt Dr. Karl Groß von Ettal. münchner Katholische Kirchenzeitung v. 4. Mai 1980, S. 11 · Vom Gewicht der Zeit, Graz, Wien, Köln, 1980 · Geschenke für den Tag, Graz, Wien, Köln 1981 · Licht und Schatten mit Stift und Aqua, München, 1991 · Auf dem Weg der Hoffnung, München, 1987 · Die Schöpfung, Augsburg, 1994 · Mit den Augen der Seele, München 1984, (zusammen mit Hans-Günther Kaufmann) · Am Fluß des Lebens, München 1986 · Der Weg der großen Sehnsucht, Santiago de Compostella, München 1986 · Sehnsucht nach dem Geheimnis, Rosenheim 1992 · Lourdes. In der Kraft der Hoffnung, Innsbruck 1993 · Die Kraft der Stille, Augsburg, 1994 · Bayrisch katholisch, 1995, Augsburg · Wie Mönche leben, Augsburg, 1997 · Hallo Abt Odilo: Antworten auf die Glaubensfragen unserer Zeit, Augsburg 1998 · Das Geheimnis erfahren - Mit Abt Odilo durch das Jahr, München 2000 · Terra benedictina. Dachau 2001 · Weite dein Herz, München, 5. Auflage 2002 · Warum ich bete, München 2003 · Sieben Geheimnisse für ein gutes Leben, München 2003 · Engel, München 2004 · Wege zum Leben: Benedikts Weisung für die Zukunft, München 2005 · Andechs, Der Heilige Berg, Dachau 2005 · Damit der Glaube weitergeht, Münsterschwarzach 2005 · Die Fülle des Lebens, Leipzig 2006 · Mit Leib und Seele leben, München 2008 · In der Stille finde ich die Mitte, Gütersloh 2008 · Leben nach Maß: Die Regel des heiligen Benedikts für Menschen von heute, Freiburg 2009 · Das Leben ist ein Pilgerweg - Unterwegs zu sich selbst, Ludwig, 2009 · Zeichen auf dem Weg, Herder 2011 · Wohin gehen wir?, Vier-Türme-Verlag 2013 · Wozu sind wir auf Erden?, [mit Winfried Nonhoff]; Vier-Türme-Verlag 2016 · Der Andechser Kreuzweg, Fink-Verlag 2016 · Engel an meiner Seite, Kösel-Verlag 2017 · Offen für ein großes Geheimnis – mein Leben [mit Winfried Nonhoff], Vier-Türme- Verlag 2017.

Q:

Nachruf Abtei St. Bonifaz · Bibliographie der deutschsprachigen Benediktiner 1880–1980. St. Ottilien: EOS, 1985–1987.

Normdaten:

GND: 118875280

Zitierempfehlung: Lechner, Odilo, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 4.11.2017, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Lechner,_Odilo

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