Pontiller, Edmund

Edmund Pontiller OSB

Edmund Pontiller

Benediktiner der Abtei Niederaltaich; NS-Opfer

* 4. Nov. 1889 Dölsach, Bezirk Lienz, Tirol
† 9. Feb. 1945 München-Stadelheim

Edmund Pontiller, Taufname Josef, wurde am 4. November 1889 als Sohn des Bindermeisters und Webers Josef Pontiller und seiner Ehefrau Anna, geb. Mai in Dölsach-Göriach geboren. Ihm folgten noch drei Brüder und eine Schwester. Der Vater versah 25 Jahre hindurch den Mesnerdienst in der Pfarrkirche von Dölsach.

Josef Pontiller trat im September 1906 in die 3. Klasse der Oblatenschule der sog. Kinderfreund-Benediktiner in Volders in Nordtirol ein und wurde am 24. September 1912 im Priorat am Martinsbühel/Zirl als Novize eingekleidet. Zu Ehren des Gründers der Kinderfreund-Benediktiner, P. Edmund Hager (1828–1906), erhielt er den Ordensnamen Edmund. Während des Ersten Weltkriegs leistete er von 1914 bis 1918 als Freiwilliger Dienst als Sanitäter, unterbrochen durch seine feierliche Profess am 22. Juli 1916 und seine Priesterweihe am 30. Juli 1916 im Salzburger Dom (Theologiestudium in Innsbruck).

Nach Kriegsende war der durch eine latente Lupus-Erkrankung gesundheitlich beeinträchtige[1] P. Pontiller vorerst als Jugendseelsorger und Pädagoge in Innsbruck eingesetzt, zunächst im Benediktinerprioriat, dann als Präfekt des dortigen Konviktes und einige Jahre auch als Diözesanpräses der Katholischen Jugend. 1923 wurde er Präfekt an der Landwirtschaftlichen Lehrlingsanstalt in Kirchschletten bei Bamberg (Bayern). 1928 kehrte er nach Innsbruck zurück, um das Studienkonvikt bei der Johanneskirche am Innrain als Regens zu leiten. Die Innsbrucker Kinderfreund-Benediktiner waren 1927 aufgelöst und zum Teil in die niederbayerische Benediktinerabtei Niederaltaich versetzt worden. Dort wirkte Pontiller als Erzieher am Studienseminar St. Godehard und von 1930 bis 1932 als Pfarrer von Niederalteich. 1932 ging er wieder nach Kirchschletten und wurde zudem Kaplan in Scheßlitz bei Bamberg.

Unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland im Januar 1933 geriet Pontiller mit der Gestapo in Konflikt. Nachdem ihn 1936 ein ihm wohlgesonnener Polizist vor der drohenden Verhaftung wegen angeblichen „Kanzelmissbrauches“ gewarnt hatte, versetzten ihn seine Oberen in das österreichische Benediktinerstift Lambach[2], wo er als Konventgast Aufnahme fand und in Stadl-Paura in der Seelsorge aushalf und im Juli 1938 sogar zum Novizenmeister bestellt wurde. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 neuerlich ins Visier der Gestapo geraten, emigrierte er – weil ihm die Schweiz keine Einreise gewährte – nach Ungarn als vermeintlich sicheres Asylland. Zuerst fand er in der Erzabtei Bakonybél Aufnahme, dessen Abt ihm eine Stelle als Hauskaplan der Prinzessin Stefanie von Belgien (Witwe des Kronprinzen Rudolf) auf Schloss Oroszvár beschaffte, bis ihn 1940 der katholisch-jüdische Baron Biedermann als Hausgeistlichen und Hauslehrer im Schloss Szentegát bei Szigotvar aufnahm.

Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Ungarn wurde Pater Pontiller Mitte April 1944 bei der ungarnweiten Juden-Razzia auf Schloss Szentegat verhaftet und am 20. Mai 1944 von Pécs (Fünfkirchen) an das Landgericht Wien überstellt. Am 13. Oktober vor dem Volksgerichtshof angeklagt, wurde er des Rundfunkverbrechens, der Wehrkraftzersetzung und der Feindbegünstigung beschuldigt. Als Hauptindiz diente ein abgefangener Weihnachtsbrief, den er im Jahre 1942 an den Erzabt von Pannonhalma geschrieben hatte. Darin verurteilt er unter anderem die Euthanasie- und KZ-Morde und bezeichnet Hitler wegen seiner Christenverfolgung als „Nero auf deutschem Thron“. Bei der Hauptverhandlung am 15. Dezember 1944 in Salzburg verhängte der Präsident des Volksgerichtshofes, der berüchtigte NS-Blutrichter Dr. Roland Freisler, persönlich das Todesurteil, das am 9. Februar 1945 mit „Ermächtigung des Führers“ in München-Stadelheim durch Enthauptung mittels Fallbeil vollstreckt wurde.[3]

Die Gebeine des Märtyrerpriesters wurden 1962 in die Mönchskrypta der Abtei Niederaltaich überführt. Die Republik Österreich verlieh P. Pontiller postum das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs. Das Landesgericht für Strafsachen in Wien hob mit Datum 29. September 1998 das Todesurteil auf. 1987 wurde in der Pfarrkirche in Dölsach, wo sich ein Teil seiner Reliquien befindet, eine Gedenktafel angebracht. Im Rahmen einer Feier zum „Magyar Millenium 2000“ wurde in Szentegát ein Denkmal enthüllt. Auch am Befreiungsdenkmal in Innsbruck ist sein Name als Opfer des Nationalsozialismus eingetragen.

gge, Nov. 2016

  1. Die Erkrankung hatte eine Verstümmelung des rechten Ohrs und Schwerhörigkeit zur Folge und heilte erst 1926 aus.
  2. Dort war Adolf Hitler Volksschüler und Sängerknabe gewesen.
  3. Sein Richter Dr. Freisler war schon am 3. Februar 1945 bei einem Bombenangriff auf Berlin von herabstürzenden Mauertrümmern erschlagen worden.

D:

Vest.: 24. Sep. 1912; Prof.: 22. Juli 1916; Sac.: 30. Juli 1916.

L:

Pontiller, Michael: Märtyrer der Heimatkirche. P. Edmund Pontiller OSB – als Zeuge Christi hingerichtet in: Osttiroler Heimatblätter, Nummer 2/2000, 68. Jahrgang, S. 39–42 und Nr. 2–3/2001, 69. Jahrgang, S. 45–52 · Großruck, Johann: Pater Edmund Pontiller OSB 1889–1945: Ein Osttiroler Glaubenszeuge im Nationalsozialismus. Innsbruck: Wagner, 2015.

Normdaten:

GND: 1066221995

Zitierempfehlung: Pontiller, Edmund, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 2.09.2017, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Pontiller,_Edmund

Vorlage:Page.name: PONTILLER, Edmund OSB (1889–1945) – Biographia Benedictina