Erzabtei St. Ottilien, Stammkloster der Missionsbenediktiner-Kongregation von St. Ottilien in St. Ottilien, Gemeinde Eresing, Landkreis Landsberg am Lech, Oberbayern; gegründet 1884 von Andreas Amrhein, 1902 Abtei, 1914 Erzabtei.
Geschichte
Im Jahre 1884 gründete der Beuroner Benediktiner P. Andreas Amrhein im oberpfälzischen Reichenbach eine Gemeinschaft, die nach mittelalterlichem Vorbild das traditionelle benediktinische Leben mit der Missionstätigkeit verbinden wollte. Reichenbach war geographisch wenig günstig, und da überdies der Bischof von Regensburg Amrhein bekämpfte, wurde die Gründung 1887 nach Emming in Oberbayern verlegt. Der alte Weiler besaß eine kleine Kapelle, die der hl. Ottilia geweiht ist, so daß der Name des Klosters sofort feststand: St. Ottilien.
Im gleichen Jahr wurde die erste Missionarsgruppe nach Ostafrika ausgesandt. Bis heute ist St. Ottiliens größte Aufgabe die Unterstützung junger Kirchen im Aufbau und die Mithilfe bei der Einpflanzung benediktinischen Klosterlebens in überseeischen Ländern.
Obwohl Amrhein seine Gründung 1895 verließ, entfaltete sie sich gut. 1902 erhielt das Kloster den Rang einer Abtei. Nach Gründung dreier weiterer Abteien wurde St. Ottilien 1914 zur Erzabtei und Hauptkloster der Missionsbenediktiner. Bis heute ist der Erzabt von St. Ottilien Präses der Benediktinerkongregation von St. Ottilien.
Unter Erzabt Norbert Weber (1902–1930) wuchs das Kloster rasch und erschloß neue Missionsgebiete in Südafrika, Korea und China. Auch baulich wurde St. Ottilien ausgebaut, um die auf 396 Mitglieder angewachsene Gemeinschaft (1930) unterzubringen.
Eine schwere Finanzkrise, die Ende der 20er Jahre das Kloster bedrohte, führte 1930 zur Ernennung von Chrysostomus Schmid zum neuen Oberen des Klosters und der Kongregation. Seine Regierungszeit wurde durch den Aufstieg der Nationalsozialisten und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs überschattet. 1941 hob die Geheime Staatspolizei das Kloster auf; die vertriebenen Mönche konnten erst nach Kriegsende 1945 wieder nach St. Ottilien zurückkehren. Bis 1948 diente ein Teil des Klosters als Hospital für befreite KZ-Häftlinge, wovon ein jüdischer Friedhof heute noch zeugt. 1957 resignierte Erzabt Chrysostomus Schmid († 1962).
An seine Stelle trat Heinrich Suso Brechter (1957–1974). In seine Amtszeit fiel vor allem die große Neuorientierung des II. Vatikanischen Konzils. Die Turbulenzen dieser Jahre überstand die Gemeinschaft ohne größere Verluste.
Erzabt Viktor Dammertz (1975–1977) wurde nach nur zwei Jahren an die Spitze der Benediktinischen Konföderation gewählt, der er bis 1992 als Abtprimas vorstand. Ende 1992 ernannte ihn der Papst zum Bischof von Augsburg. Sein Nachfolger Erzabt Notker Wolf amtierte von 1977 bis 2000 als Präses und Erzabt von St. Ottilien.
Am 7. September 2000 wurde er zum Abtprimas gewählt. Daraufhin ergab sich für St. Ottilien am 5. Oktober eine Neuwahl, aus der P. Jeremias Schröder als neuer Erzabt hervorging. Am 28. Oktober wurde er von Bischof Viktor-Josef Dammertz benediziert.
Im Zuge der vom Generalkapitel 2008 beschlossenen Trennung der Kongregationsleitung vom Amt des Hausoberen der Erzabtei St. Ottilien wurde Schröder am 15. Oktober 2012 für acht Jahre zum ersten Abtpräses der Kongregation gewählt. Als Erzabt von St. Ottilien folgte ihm am 17. Dezember 2012 P. Wolfgang Öxler.
Erzabtei St. Ottilien
Im Lauf der Jahre ist St. Ottilien ein Klosterdorf geworden, mit Gymnasium, Exerzitien- und Gästehäusern, einem Verlag, zahlreichen Werkstätten, einer großen Landwirtschaft und Gartenbau. Der älteste Gebäudeteil wurde 1892 von Andreas Amrhein entworfen. 1911 und 1955 wurden neue Klosterflügel errichtet, in denen eine Krankenabteilung, die Bibliothek, das Refektorium, Büros und rund 60 Zellen untergebracht sind.
Die Herz-Jesu-Kirche, die sich an mittelalterliche Zisterziensermodelle anlehnt, wurde von 1897 bis 1899 erbaut. Ihr massiver Turm (75 m) dominiert das ganze Klostergelände und ist aus großer Entfernung sichtbar. Im Untergeschoss des Sakristeibaus ist heute das bedeutende Missionsmuseum beheimatet.
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