Cassian Spiß
Afrikamissionar; 1. Bischof von Südsansibar (heute Erzdiözese Dar-Es-Salaam).
* 12. Juni 1866 St. Jakob am Arlberg
† 14. Aug. 1905 bei Mikukuyumbu, Tansania
Cassian Spiß, Taufname Franz Anton, wurde am 12. Juni 1866 in St. Jakob am Arlberg, Ortsteil Gand, als eines der fünf Kinder der Bauerseheleute Alois und Anna Maria Spiß geboren. Auf Veranlassung des Dorfpfarrers besuchte er das katholische Knabenseminar Vinzentinum in Brixen und trat nach dem mit Auszeichnung bestandenen Abitur in das Brixener Priesterseminar ein. Am 24. April 1889, erst 23-jährig, im Brixener Dom zum Priester geweiht, trat er nach Kooperatorendiensten im Sellrain, in Umhausen und Längenfeld in der Osterwoche 1891 in die »St.-Benediktus-Missions-Gesellschaft« in St. Ottilien ein, legte 1892 die Profess ab und wurde am 30. Juli 1893 als Missionar nach Südsansibar/Dar-es-Salaam in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika (heute Tansania) ausgesandt. Dort übernahm der Neumissionar in Kurasini die Betreuung von rund 80 auf Sklavenmärkten freigekauften Waisenkindern.
Unterbrochen wurde sein Aufenthalt in Afrika durch einen Aufenthalt im Mutterhaus St. Ottilien von Ende 1895 bis Mitte 1897. Hier wurde er nach der Resignation des Gründers Andreas Amrhein von Bischof Hötzl zum Subprior ernannt und erlebte die Umwandlung der Genossenschaft in ein Benediktinerpriorat (13. Dez. 1896) mit. Nach Afrika zurückgekehrt, erwarb er sich als Missionar und Sprachforscher großes Ansehen. Er gründete in Tansania einige Missionsstationen und -schulen (z. B. das noch heute bestehende Kloster Peramiho 1898) und verfasste einen Katechismus für Missionszwecke. Er gab 1900 die ersten Grammatiken des Kihehe (der Sprache von Tosamaganga/Iringa, wo er bis 1898 wirkte), des Alt-Kingoni (der Sprache der aus Südafrika eingewanderten Wangoni-Herrenschicht) und des Neu-Kingoni (der Volkssprache von Peramiho) heraus (1904).
Nachdem der Generalsuperior der Missionsbenediktiner, Abt Ildefons Schober von Seckau, 1902 die Erhebung St. Ottiliens zur Abtei und des Missionsgebietes zum Apostolischen Vikariat erreicht hatte, wurde Spiß am 15. September 1902 überraschend von Papst Leo XIII. zum ersten Apostolischen Vikar von Südsansibar ernannt, das einen Großteil des südtansanischen Festlandes einschloss. Am 16. November empfing er von Bischof Maximilian von Lingg in Sankt Ottilien die Weihe zum Titularbischof von Ostrakini und wurde am 17. August 1903 deutscher Staatsbürger.
Am 14. August 1905 wurde er während des antikolonialen sog. Maji-Maji-Aufstandes zusammen mit zwei Missions-Benediktinerinnen von Tutzing und zwei Laienbrüdern auf dem Weg von Lindi nach Peramiho von Einheimischen getötet. Monate nach seinem gewaltsamen Tod wurden seine wenigen Überreste eingesammelt und in der Kathedrale von Dar-Es-Salaam beigesetzt. Am Ort des Überfalls wurde ein Gedenkkreuz errichtet.
gge, Juni 2010
D:
Sac.: 24. April 1889 (Brixen); Prof.: 15. Aug. 1892; Ep.: nom. 15. Sep. 1902, ben. 16. Nov. 1902.
L:
Gundolf, Hubert: Maji-Maji – Blut für Afrika: Auf den Spuren des 1905 in Ostafrika ermordeten Missionsbischofs Cassian Spiss OSB. St. Ottilien: EOS Verlag, 1984 · BBKL XXVII (2007) Sp. 1366-1369 (Autor: Clemens Gütl) · Der schiefe Kelch: Bischof Cassian Spiss, Abenteurer Gottes, in: Missionsblätter [der Missionsbenediktiner von Sankt Ottilien], 1, 2003: 18 · Moll, Helmut (Hrsg.): Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, 6. erweiterte und neu strukturierte Auflage, Paderborn u.a. 2015, Band 2, S. 1403–1406.
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