Fischer, Fortunata

Fortunata Fischer OSB
Foto: Abtei St. Hildegard, Rüdesheim-Eibingen

Fortunata Fischer

2. Äbtissin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen 1955–1978

* 23. Juli 1903 Bielefeld
† 12. März 1980 Rüdesheim-Eibingen

Frau Fortunata Fischer, Taufname Alexe Klara Paula, wurde am 23. Juli 1903 in Bielefeld als Tochter des Gerichtssekretärs Alexander Fischer und seiner Frau Ottilie geboren. Sie war, da ein älterer Bruder vor ihrer Geburt verstorben war, das mittlere von drei Geschwistern. Die Familie war evangelisch-lutherisch.

Alexe Fischer besuchte die Auguste-Viktoria-Schule, die sie nach dem frühen Tod des Vaters 1923 kurz vor dem Abitur verlassen musste. Um ihrem jüngeren Bruder Felix den weiteren Schulbesuch zu ermöglichen, nahm sie eine Stelle als Büroangestellte in der Bielefelder Textilfirma Alsberg an, lernte aber in ihrer Freizeit weiter und machte 1926 als Externe doch noch Abitur. Danach studierte sie – ohne wirklich die Absicht zu haben, Lehrerin zu werden – Geologie, Geographie und Französisch in München, Paris, Berlin und Bonn. Nach ihrem Staatsexamen 1932 arbeitete sie in Trier und Koblenz als Referendarin. Während dieser Zeit besuchte sie, angeregt von einem benediktinischen Studienkollegen aus Maria Laach, regelmäßig die Gottesdienste im Trierer Benediktinerkloster St. Matthias und konvertierte am 23. Dezember 1932 zur katholischen Kirche. 1933 besuchte sie die Abtei Herstelle und trat 1934 in die Benediktinerinnenabtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen ein. Bei der Einkleidung im Oktober 1934 erhielt sie den Ordensnamen Fortunata, obwohl ihr Maria Benedikta, der Name, den sie bei ihrem Konfessionswechsel angenommen hatte, lieber gewesen wäre. An Allerheiligen 1935 legte sie die zeitliche und am Rosenkranzfest 1938 (7. Okt.) die feierliche Profess ab.

Als die Abtei 1941 von den Nazis enteignet wurde, ging sie mit fünf Mitschwestern nach Frankfurt, wo sie ihr Krankenpflegeexamen machte und danach in einem Lazarett in Bingen tätig war. Nach der Befreiung durch die Amerikaner nach Eibingen zurückgekehrt, wurde sie dort Seniorin, Infirmarin und Chronistin. 1953 wurde sie zur Priorin-Administratorin (in materialibus et spiritualibus) ernannt und 1955 nach dem Rücktritt der 90-jährigen Gründungsäbtissin Regintrudis Sauter zur Nachfolgerin gewählt (8. Aug.). Die Benediktion erhielt sie am 17. September 1955, dem Hochfest der Klosterpatronin Hildegard von Bingen, durch Weihbischof Walther Kampe von Limburg.

Äbtissin Fortunatas Amtszeit war durch einige wesentliche Neuerungen gekennzeichnet. Den Bestimmungen des Zweiten Vatikanischen Konzils gemäß, wurden 1967 die bisherigen beiden Konvente der Chorfrauen und Laienschwestern zu einer Gemeinschaft vereinigt (die Noviziate waren schon 1962 zusammengelegt worden). Der Liturgiereform des Konzils entsprechend wurden Altarraum und Nonnenchor der Kirche umgestaltet, u.a. wurden die hohen schmiedeeisernen Gitter, die bis dahin die Klausurgrenze zwischen Chor und Kirche markiert hatten, entfernt. Beides fand seinen Abschluss in der feierlichen Altarweihe am 7. September 1967. Im folgenden Jahr wurde eine neue Orgel eingebaut. Die Sprache des Chorgebets blieb weiterhin Latein, jedoch wurden später deutschsprachige Lesungen eingeführt. Neueren spirituellen Formen stand Äbtissin Fortunata aufgeschlossen gegenüber, praktizierte sie selbst jedoch nicht (Pointke 297).

Am 8. August 1978 legte Äbtissin Fortunata Fischer ihr Amt nieder (Nachfolgerin: Edeltraud Forster) und zog sich für einige Zeit in das Kloster Steinfeld in Kall (Eifel) zurück. Nach Eibingen zurückgekehrt, nahm sie dort ihre Arbeit als Chronistin wieder auf, arbeitete als Übersetzerin und half beim Pfortendienst mit. Am 12. März 1980 erlitt sie einen schweren Herzinfarkt und starb im Kreise ihrer Mitschwestern.

gge


D:

Vest.: Okt. 1934; prof.: 1. Nov. 1935, 7. Okt. 1938; Abbatissa: el. 8. Aug. 1955, ben. 17. Sep. 1955, res. 8. Aug. 1978; Dev.: Omnes unum sind.

L:

Pointke, Johanna: Nachfolgerin der Heiligen Hildegard von Bingen. Die Äbtissin Fortunata Alexe Fischer (1903–1980), in: Bärbel Sunderbrink (Hg.): Frauen in der Bielefelder Geschichte. Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte, 2010, S. 293–298.


Zitierempfehlung: Fischer, Fortunata, in: Biographia Benedictina (Benedictine Biography), Version vom 25.11.2016, URL: http://www.benediktinerlexikon.de/wiki/Fischer,_Fortunata

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