Theoderich Hagn
Archivar des Stiftes Kremsmünster 1842–1858; 51. Abt des Stiftes Lambach 1859–1872; Ordensreformer
* 23. März 1816 Griesbach, Bayern
† 29. Aug. 1872 Lambach, Oberösterreich
Theoderich Hagn, Taufname Georg, wurde am 23. März 1816 in Untergriesbach Nr. 80 (heute Marktstraße 23) im bayerischen Landkreis Passau als Sohn der unverheirateten Griesbacher Bader- und Chirurgentochter Josepha Popp geboren. Sein Vater war der ledige Hafnergeselle Mathias Hag(e)n aus Obernzell bei Passau. Die ersten beiden Lebensjahre verbrachte er bei seiner Mutter in ihrem Elternhaus bis die Eltern 1818 in der oberösterreichischen Hofmark Kasten an der Donau ein kleines landwirtschaftliches Anwesen mit Töpfergerechtsame erwarben. Die Eltern heiraten am 21. April 1818 in der Pfarrkirche von Vichtenstein und legitimierten damit ihren Erstgeborenen, dem noch 13 weitere Kinder folgten.
Die Volksschule besucht Georg Hagn in Griesbach, Obernzell und Vichtenstein. Im Herbst 1828 wechselte er an das Gymnasium nach Linz, wo er 1834 mit vortrefflichen Zeugnissen maturierte. Zwei Jahre lang studierte er mit glänzenden Prüfungserfolgen Philosophie am Linzer Lyzeum. 1839 trat er in das Benediktinerstift Kremsmünster ein (Profess 1840) und wurde 1841 zum Priester geweiht. Von 1842 bis 1858 war er Stiftsarchivar in Kremsmünster und wurde von Kaiser Franz Josef für seine wissenschaftlichen Leistungen mit der Goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. 1846 wurde er dazu Kustos der Stiftskirche und 1850 Novizenmeister (alle Ämter bis 1858).
Um 1850 begann er, sich für eine Reform des Benediktinerordens in Österreich einzusetzen, und zog sich wegen seiner Reformideen viele Unannehmlichkeiten und manche Gegner zu. Kardinal Schwarzenberg als apostolischer Visitator der österreichischen Benediktiner machte ihn 1857 überraschend zu seinem Sekretär in Ordensangelegenheiten. Als solcher hatte er die Visitationsrezesse auszuarbeiten. Am 3. Februar 1858 wurde er als erzbischöflicher Notar vereidigt und am 8. September 1858 zum Abt des Stiftes Lambach ernannt, dem ersten seit der Absetzung Maurus Stützingers 1820.
Die Ernennung erfolgte gegen des Widerstand des Konvents, der sich gegen den aufgezwungenen Abt wehrte. Die Kapitularen verlangten freie Abtwahl. Sie wandten sich an Kaiser und Nuntius in Wien, blieben aber ohne Erfolg. Theoderich Hagn wurde am 13. Dezember 1858 vom Papst bestätigt, woraufhin die Lambacher Kapitularen sich aus Protest säkularisieren ließen. Am 17. März 1859 in Lambach benediziert, baute Hagn das monastische Leben mit fremden Patres und Brüdern wieder auf (22. März 1859), zunächst v.a. aus den bayerischen Abteien St. Bonifaz (München) und Metten, später traten auch Mönche von anderen Abteien über und neue Postulanten ein.
Abt Hagn förderte die wissenschaftliche und asketische Ausbildung der Mönche, schickte die Kleriker zum Studium in andere Klöster und an die Universität Innsbruck. Die Bibliothek ließ er vergrößern und viele neue Werke anschaffen, auch die Stein- und Konchyliensammlung. Nach und nach restaurierte er das ganze Stift, die Paurakirche 1861–1863, die Mariahilfkapelle 1867–1868 und die alte Pfarrkirche 1869–1871. Den Konventfriedhof im Kreuzgärtlein richtete er neu ein und baute die Vorhalle zur Kirche aus. Dazu kamen noch Inneneinrichtungen und Restaurierungen von Kunstgegenständen.
Um die Seelsorge und das religöse Leben in den Pfarreien zu intensivieren, belebte er alte erloschene Vereine wieder oder gründete neue, 1863 die Bruderschaft von der ewigen Anbetung, die 1877 Erzbruderschaft wurde, außerdem die Rosenkranz- und die Loretobruderschaft. Er ließ feierliche Gottesdienste und Missionen halten und führte die Maiandacht ein. Nach Stadl Paura berief er die Borromäerinnen von Prag, denen er Kloster Nazareth gründen half, das später Provinzhaus wurde. Großes Verdienst erwarb er sich für Lambach und Umgebung durch die Gründung einer Sparkasse, die zunächst im Abteitrakt untergebracht war. 1861 kaufte er zur Hebung der Wirtschaft den Niederhof in Mayrlambach.
Die von Abt Maximilian Pagl gegründete und seit Kaiser Josefs Zeiten brachliegende Waisenstiftung erneuerte er und vereinigte sie mit dem neu eingerichteten (und bis 1927 bestehenden) Sängerknabeninstitut, das er in den Räumen der ehemaligen Volksschule im Mittelnordtrakt des Stiftsgebäudes unterbrachte, die Schulräume kamen in den Nordtrakt des äußeren Hofes.
Nach außen trat Abt Theoderich wenig hervor. An den Sparkassensitzungen nahm er teil und wurde zweimal in den Gemeindeausschuss gewählt. Er starb, verbittert und vergrämt, am 29. August 1872. Zu seinem Nachfolger wurde der ehemalige Zisterzienser Johann Lasser von Zollheim gewählt.
gge, Sep. 2011, rev. April 2017
D:
Prof.: 29. Sep. 1840; Prim.: 10. Aug. 1841, Abbas: nom. 8. Sep. 1858, conf. 13. Sep. 1858, ben. 17. März 1859.
W:
Das Wirken der Benediktiner-Abtei Kremsmünster für Wissenschaft, Kunst und Jugendbildung. Ein Beitrag zur Literatur- und Kulturgeschichte Österreichs. Linz: Haslinger, 1848 · Urkundenbuch für die Geschichte des Benedictinerstiftes Kremsmünster, seiner Pfarreien und Besitzungen vom Jahre 777 bis 1748. Wien: Staatsdruckerei, 1853.
L:
Eilenstein, Arno: Die Benediktinerabtei Lambach in Österreich ob der Enns und ihre Mönche. Linz 1936, S. 8, 94–95 · Kellner, Altman: Profeßbuch des Stiftes Kremsmünster. Kremsmünster 1968, S. 418–419 · Stadlthanner, Helmut: Ein Bayerwälder als Reformator. Lebensbild von Theoderich Hagn OSB. Ostbairische Grenzmarken. Jb. 9 (Passau 1967), S. 250-252 · Trefflinger, Franz: Beiträge zu einer Biographie des Abtes Theoderich Hagn von Lambach (1816–1872). Diss. Univ. Innsbruck 1968 · ÖBL 2 (1958), S. 146.
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